Adega do Vulcão, Azoren
Foto©AdegadoVulcão
Billig geht auf den Azoren nicht
Ihren Durchbruch in die Weinbau-Elite Portugals hat die Adega do Vulcão übrigens in gerade mal 15 Jahren geschafft. Dabei begann ihre Geschichte eher zufällig. Cinzia Caiazzo und Gianni Mancassola, ein weinverliebtes und wohlsituiertes Paar aus Florenz, kamen eigentlich zum Urlaub auf die Azoren und stolperten gewissermaßen über die pittoresken Rebgärten auf der Insel Pico, die wegen ihrer Einzigartigkeit zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Niedrige buschige Rebstöcke, die sich hinter zahllosen Mauern aus Vulkangestein vor den bisweilen peitschenden Winden des Atlantiks wegducken. Und nicht nur diese machen den Weinbau auf den Azoren zu einem Ritt auf der Rasierklinge. Auch das ozeanisch-subtropische Klima erfordert von den Winzer*innen viel, Fleiß, Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Ist das gegeben, können diese einzigartigen vulkanischen Terroirs hier wirklich große Weine hervorbringen, die jedoch auch ihren Preis haben müssen.
Moderne, authentische Terroir-Weine
Das hatten auch Cinzia und Gianni erkannt und stürzten sich hier kopfüber in ein Weinabenteuer – mit höchsten Qualitätsansprüchen von Anfang an. Sie bauten einen State-of-the-Art-Weinkeller und holten sich neben erfahrenen lokalen Weinbäuerinnen und Weinbauern den Star-Önologen Alberto Antonini ins Boot. Er zählt zu den Top-5 der internationalen Weinberater*innen, setzt jedoch auf regionale Weinbautraditionen und autochthone Rebsorten, anstatt der Welt wie die meisten seiner Kolleg*innen den Bordeaux-Stempel aufzudrücken. Damit hat er – neben einer möglichst naturnahen Weinbergsarbeit und dem Verzicht auf önologische Tricksereien – die Adega do Vulcão auf genau den richtigen Weg gebracht. So entstehen hier mittlerweile auf rund 14 Hektar authentische, moderne portugisiesche Weine der Spitzenklasse. Dem im Weinbau sehr romantisierten Klischee vom über Generationen weitergereichten Staffelstab entspricht dieses Start-up nicht, es ist aber eben auch kein kühl durchkalkuliertes Investorenprojekt. Dafür legen Cinzia und Gianni viel zu viel Leidenschaft an den Tag. Und das mit dem traditionsreichen Familienbetrieb kann ja noch werden. Die nächste Generation ist bereits mit von der Partie.
Durchbruch zu Portugals Weinelite
Die Azoren sind vielen hierzulande vielleicht nur wegen des nach ihnen benannten Hochdruckgebiets ein Begriff, das uns bisweilen Hitzewellen beschert. Das vulkanische Archipel mit seinen rund 236.000 Einwohner*innen liegt mitten im Nordatlantik – etwa 1.400 km von der iberischen Halbinsel entfernt, kurz gesagt: ganz schön JWD [janz weit draußen]. Die autonome Region gehört aber zu Portugal und ihre Weine genießen dort ein hohes Ansehen. Bei uns hingegen sind sie nahezu unbekannt. Ein Unding, wie wir feststellen mussten, als wir im Februar 2023 auf einer kleinen alternativen Weinmesse in Porto zwei Gewächse der Adega do Vulcão verkosteten. Wir waren begeistert, kamen mit den Inhaber*innen ins Gespräch und sollten eigentlich am nächsten Tag Probeflaschen für die Teamverkostung in Darmstadt abholen. Doch dann kam alles ein bisschen anders. Der Top-Wein, der uns am Vortag ganz besonders aus den Socken gehauen hatte, war noch am selben Abend vom Fachmagazin „Revista do Vinhos“ zum besten portugiesischen Weißwein des Jahres gekürt worden. Wow. Die ohnehin nicht große Menge, die man uns Tags zuvor noch in Aussicht gestellt hatte, war nun natürlich restlos vergriffen. Doch sicherte man uns zumindest vom Basiswein ein Kontingent zu. Und der ist qualitativ auch alles andere als ein Trostpreis.