Trinchero, Piemont
Foto©Vinocentral
Alle Zeit der Welt
Alles ist gut gepflegt und wirkt wie neu. Dabei sind die Kelleranlagen Teil einer alten Struktur, die die Trinchero-Weine schon immer durchlaufen haben. Seit Ezio und Monica am Ruder sind, braucht alles nur etwas länger: Allein zwei bis drei Monaten dauert die Mazeration, damit der gesamte Extrakt und alle Aromen aus der Schale an den Wein übergehen. Wenn der Most komplett durchvergoren ist, kommt er für mindestens ein Jahr in die Zementtanks oder für zwei Jahre in große alte Fässer. Früher waren diese oft aus Kastanienholz, seit dem Jahrgang 2012 ist das Ehepaar komplett auf slawonische Eiche umgestiegen.
Schließlich wird der Wein minimal geschwefelt und bei „Luna vecchia“ [altem Mond = Vollmond im Januar] unfiltriert in Flaschen abgefüllt, wo er noch einmal viel Zeit erhält. Viele Trinchero-Weine kommen erst Jahre nach der Abfüllung auf den Markt. Dabei präsentieren sie sich so frisch, tiefgründig und spannend, dass sie den großen Roten des Piemonts allemal das Wasser (respektive den Wein) reichen können.
Keine Kompromisse
Egal, was er macht, Ezio Trinchero geht keine Kompromisse ein: Die ursprünglich 40 Hektar große Rebfläche wurden auf 13 reduziert, damit die Familie so viele Arbeitsschritte wie möglich selbst ausführen kann. Nach Renatos Tod im Jahr 2014 sind es heute Ezio und seine Frau Monica, die für die Produktion verantwortlich zeichnen.
Gearbeitet wird nach biodynamischen Methoden. Aufgrund der guten Bedingungen rund um Agliano Terme brauchen die bis zu 80 Jahre alten Rebstöcke jedoch kaum Unterstützung durch biodynamische Präparate. Es ist vor allem die strikte Arbeit nach dem Mondkalender, in der sich die biodynamischen Prinzipien niederschlagen.
Beste Lage "Vigna del Noce"
Vianoce ist ein kleiner Weiler mitten in den Weinbergen. Auf dem Rücken der Hügelkette stehen gerade mal eine Handvoll Häuser, links und rechts davon geht es steil bergab. Die einzige Straße wird gesäumt von hohen Walnussbäumen, die sowohl der renommiertesten Lage „Vigna del Noce“ als vermutlich auch der Ansiedlung ihren Namen gaben.
Wohnung und Kellerei-Anlagen der Trincheros befinden sich in einem alten Herrenhaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1920 kauften es die Brüder Secondo und Serafino Trinchero von den Baronen Visconti di Ornavasso und begannen wenig später mit dem Weinbau.
Von der Straße aus wirkt das Anwesen trutzig, öffnet sich jedoch das große automatische Tor steht man in einem lichten, gepflegten Hof, um den sich u-förmig die Gebäude reihen. Die vierte Seite ist unbebaut und gibt den Blick in die Landschaft frei.
Die Aussicht ist beeindruckend, der wahre Schatz aber verbirgt sich unter den fünf unscheinbaren Luken, die vor der Balustrade in den Boden eingelassen sind. Es sind die Öffnungen zu den riesigen, bis zu 160 Hektoliter fassenden Zementtanks. Als wir Mitte Oktober das Weingut besuchen, ist die Gärung darin in vollem Gange.
Tiefgründiger Barbera mit enormem Alterungspotenzial
Wenige verstehen es, das Potenzial des Barbera derart auszuschöpfen wie Ezio Trinchero. Seit der piemontesische Winzer gemeinsam mit seinem Vater Renato das Weingut in Vianoce von Großvater und Großonkel übernahm, setzt er alles daran, die rote Rebsorte aus dem übermächtigen Schatten des Nebbiolo zu befreien. Mit Erfolg: Die Barbera-Weine von Trinchero zählen heute zu den besten und langlebigsten des Piemonts, ja, wenn nicht sogar Italiens.
Das Geheimnis: uralte Rebstöcke in Spitzenlagen des Barbera d’Asti-Gebietes, biologisch bewirtschaftet, Spontangärung, Ausbau in neutralem Holz und Zement – und gaaaanz viel Zeit.