Thomas Niedermayr - Hof Gandberg, Trentino-Südtirol
Foto©ThomasNiedermayrHofGandberg
Vorreiter im PIWI-Anbau
Für Familie Niedermayr, die nach wie vor den Hof gemeinsam bewirtschaftet, bedeutet Natur die höchste Form von Qualität. Wer so konsequent auf Mutter Erde setzt, sucht nach Mitteln, auch die ärgsten Feinde der Rebpflanze natürlich zu bekämpfen. Deshalb ist Vater Rudolf nicht allein Biopionier, sondern ebenfalls Vorreiter im Anbau von pilzwiderstandsfähigen Reben, den sogenannten PIWIs.
Diese werden seit Jahrzehnten in den Rebschulen auf kontrollierte natürliche Weise gezüchtet, um den weitverbreiteten Rebkrankheiten, Falscher und Echter Mehltau, etwas entgegenzusetzen. Ihr Anbau ist die beste Möglichkeit, um weitestgehend auf Pflanzenschutzmittel verzichten zu können. Man baut vielmehr auf die pflanzeneigene Widerstandskraft der amerikanischen Wildreben, indem sie mit europäischen Kulturreben gekreuzt werden. Dabei geht es nicht um gentechnische Veränderungen, sondern um die Kreuzung verschiedenen Vater- und Mutterreben nach natürlichen Maßstäben!
Der Natur freien Lauf lassen – Vom Südtiroler Biopionier zum Naturwein-Winzer
Rudolf Niedermayr gehört in Südtirol zu den Bio-Winzern der allerersten Stunden. Auf seinem Hof Gandberg oberhalb von Eppan bewirtschaftet er seine Weinberge, Obstwiesen und Gemüsebeete schon seit Mitte der 1980er-Jahren biologisch. Wenig später trat er als einer der Ersten dem Bioland-Verband bei.
Sohn Thomas, der 2012 den Betrieb federführend übernahm, geht noch einen Schritt weiter: Die Kraft der Natur, die er überall in den blühenden Rebgärten spürt, will er auch im Keller walten lassen. Deshalb begann er, die Kellertechnik so weit wie möglich zu reduzieren und die Weine spontan vergären zu lassen. „Der spannendste Moment im Werdegang des Weins ist, wenn die Trauben in den Keller gebracht werden und ich darauf warte, dass sie auf natürliche Art und Weise – ganz ohne Einsatz zusätzlicher Mittel – zu blubbern anfangen. Das bedeutet, dass die Gärung begonnen hat.“ Dies kann wenige Stunden oder bis zu zehn Tage dauern.
So entstehen jährlich rund 30.000 Flaschen Naturwein, die vom charakteristischen Kleinklima der Eislöcher am Gandberg geprägt sind. In dem unter Naturschutz stehenden Biotop am ansonsten sonnigen Hang sammelt sich kalte Luft, sodass an dieser Stelle selbst im Sommer die Temperaturen nur zwischen 0 und 9 °C liegen. Die Weine sind geprägt von beeindruckender Frische und Lebendigkeit, wie sie im heißen Etschtal selten zu finden sind.
PIWI-Weine entdecken
Heute gibt es rund 30 PIWI-Sorten. Auf den bis zu 530 Meter hoch gelegenen Rebflächen der Niedermayrs wachsen die weißen Trauben Solaris, Bronner, Souvignier Gris und Muscaris sowie die roten Cabernet Cantor und Cabernet Cortis. Aber auch PIWI-Sorten, die Rudolf selbst in mühevoller, langwieriger Arbeit im Weinberg gezüchtet hat. Sohn Thomas ist begeistert davon, wie sich die PIWI-Reben auf natürliche Art gegen die Pilzkrankheiten behaupten. Denn auch die PIWIs werden bei feucht-warmer Witterung vom Mehltau befallen. Während aber die Ernte klassischer Rebsorten dabei total vernichtet werden kann, hungert die PIWI-Pflanze den Pilz einfach aus, indem sie der befallenen Stelle die Nährstoffe entzieht. Der Pilz kann sich nicht weiter ausbreiten und stirbt ab. Zurück bleibt eine kleine Narbe, der Rest ist unbeschadet. „Wir spannen die Natur eigentlich für unsere Arbeit ein, aber so, dass zum Schluss für alle ein Mehrwert herausschaut. Es ist ein Geben und ein Nehmen“, beschreibt Rudolf das Prinzip ihrer Arbeit.
Für viele Wein-Liebhaber*innen sind PIWI-Weine immer noch Neuland. Hier bietet sich eine wunderbare Gelegenheit, sie kennen und schätzen zu lernen. Vor allem aber versprechen die Weine lebendiges Trinkvergnügen!