Chiara Boschis, Piemont
Foto©ChiaraBoschis
400 Jahre alte Barolo-Tradition charmant erfrischt
Dass Chiara bei allem frischen Wind, den sie dem Barolo verpasste, auch der Tradition Respekt zollt, zeigt die Tatsache, dass sie nach wie vor den Namen E. Pira & Figli auf dem Etikett führt. Familie Pira blickt auf eine 400 Jahre alte Weinbautradition in Barolo zurück. Bis heute unvergessen ist Gigi Pira, der noch in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts darauf schwor, die Nebbiolo-Trauben für den Barolo-Wein mit den Füßen zu pressen und die Produktion ohne technische Hilfsmittel durchzuführen. Zudem hielt er an der alten Sitte fest und mischte Trauben aus seinen besten Parzellen Cannubi, San Lorenzo und Via Nuova miteinander, statt sie als Einzellagen-Barolo auszubauen. Als Pira starb, gab es in der Familie niemanden, der das Weingut weiterführen konnte – und so kaufte es schließlich 1981 das befreundete Ehepaar Boschis, das damals selbst schon in achter Generation Wein machte.
Nebbiolo, Barbera und Dolcetto aus besten Lagen des Piemonts
Im Grunde ist Chiara Boschis längst zur Grande Dame des Piemont geworden. Dass man sie als solche auch nicht so recht bezeichnen mag, liegt an der Dynamik, die sie nach wie vor ausstrahlt. Sie bewirtschaftet ihre 11 Hektar große Rebfläche in den besten Barolo-Lagen (Cannubi, Liste, Terlo) sowie in den Gemeinden Monforte d’Alba, Conterni, Mosconi, Ravera, Le Coste und Serralunga d’Alba, Gabutti und Baudana biologisch und arbeitet nach biodynamischen Prinzipien. Gelesen werden die Nebbiolo-, Barbera- und Dolcetto-Trauben ausschließlich von Hand. Die önologischen Eingriffe sind so sparsam wie möglich. Vor einigen Jahren hat Chiara einen neuen, unterirdischen Fasskeller gebaut. Dort werden die Trauben der einzelnen Weinberge separat vinifiziert, um ihre spezifischen organoleptischen Eigenschaften zu unterstreichen und zu verbessern. Nur der Barolo „Via Nuova“ wird als Hommage an Gigi Pira aus Trauben von sechs Weinbergen gewonnen: zwei aus der Gemeinde Barolo, zwei aus der Gemeinde Monforte und zwei aus der Gemeinde Serralunga. Die Abfüllung erfolgt in der Regel ohne Filtration und Klärung. Einzige Ausnahme ist der Dolcetto. Da er verhältnismäßig jung auf die Flasche kommt und dadurch nicht genügend Zeit hat, sich selbst zu reinigen.
Piemontesische Spitzenweine und eine regionale Käsespezialität
Obwohl Chiara Boschis mit ihren Weine alles erreicht hat, was erreicht werden kann, ruht sie sich auf dem Erfolg nicht aus. Seit ein paar Jahren engagiert sie sich für eine weitere Spezialität des Piemonts: den Castelmagno. Gemeinsam mit anderen Frauen hat sie im Weiler Valliera (Val Grana) die alte Tradition der Käseherstellung wiederbelebt und damit der Alm auf 1.500 Meter Höhe zu neuem Leben verholfen. Eine Winzerin sympathisch, unprätentiös und in ihrem Engagement für die Region nicht zu bremsen. Mehr davon!
Tochter Chiara unterstütze ihre Eltern von Anfang an tatkräftig und übernahm schnell die Führung. Seit 2010 arbeitet auch ihr Bruder Giorgio im Weingut mit.
Chiara Boschis Statement ist im obigen Video bei 05:07 zu sehen
Vom Barolo Girl zur Grande Dame des Piemonts
Chiara Boschis als Barolo Girl zu bezeichnen, würden wir eigentlich nicht wagen. Barolo Woman müsste es mindestens heißen. Schließlich leitet die Winzerin seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich das Weingut E. Pira & Figli – Chiara Boschis im traditionsreichen Städtchen Barolo im Piemont. Dass wir es dennoch erwähnen, liegt einzig daran, dass Chiara selbst sich immer noch so nennt. Zu dem Namen gekommen ist sie, weil sie in den 1980er-Jahren – mit vielleicht gerade mal Anfang zwanzig – eine der ersten Frauen war, die im renommierten Barolo-Gebiet den gleichnamigen Wein erzeugten. Und nicht nur das: Trotz ihres jungen Alters scheute Chiara Boschis sich nicht, der Gruppe „Langa in“ beizutreten und sich in der bis dato reinen Männerriege mit so altehrwürdigen Barolo-Winzern wie Altare, Clerico, Rivetti, Sandrone oder Scavino zu behaupten. Gemeinsam revolutionierten sie den Barolo-Stil, indem sie auf kürzere Maischegärung und den Ausbau in kleinen Barriquefässern setzten. Dadurch wurden Chiaras Weine geschmeidiger und früher trinkreif, ohne an Alterungspotenzial und Komplexität zu verlieren. Der Erfolg kam rasch, schon Boschis’ erster im Barrique ausgebauter Barolo wurde vom Gambero Rosso mit der Höchstwertung „Drei Gläser“ ausgezeichnet.