Andrias Gvino, Kachetien
Foto©AndriasGvino
Von Khashmi in die Welt
Seit George Wolski 2016 die Leitung im Weingut übernahm, wird der Wein kommerziell vertrieben, zunächst nur in Georgien, seit seinem Erfolg in der Naturwein-Szene auch international. Die Mengen sind dabei immer noch überschaubar: Zum einen bewirtschaftet die Familie nur sieben Hektar, zum anderen ist der Export in die USA, nach Israel, Dänemark – und seit Kurzem auch nach Deutschland – enorm aufwendig. Allein das Paket mit den Probeflaschen brauchte zwei Monate, bis es bei uns im vinocentral ankam. Obwohl es unterwegs viel Hilfsbereitschaft erfuhr, war die Reise von Irrungen und Wirrungen begleitet. – Der Aufwand hat sich gelohnt: Auch 4.000 Kilometer von der gastfreundlichen Atmosphäre ihrer Heimat Kachetien entfernt, beeindrucken die Weine durch ihre Ausdruckskraft und Frische, von der manch ein*e europäische*r Naturweinwinzer*in nur träumen kann.
Seltene Rebsorten – 100 % natürlich
In den fünfzehn Parzellen von Andrias Gvino in ausgesuchten Lagen unterschiedlicher georgischer Anbaugebiete wachsen besonders seltene Rebsorten, darunter die weißen Rkatsiteli Vardisferi [sprich: Kazitelli Vardisferi], Khikhvi [Kichvi], Chinuri [Tschinuri], Goruli Mtsvane [Goruli Mizwane] und Krakhuna [Krachuna] sowie die rote, westgeorgische Rebsorte Ozchanuri Sapere [Oschanuri Sapere]. Als Mitglied der Natural Wine Association arbeitet George Wolski streng nach ökologischen Richtlinien. Die Weine sind jedoch nicht mit einem europäischen Bio-Label zertifiziert. Im Keller orientiert sich der umtriebige Winzer an der alten georgischen Tradition: Alle Weine werden in großen, eiförmigen Tonamphoren [georgisch: Qvevri] ausgebaut, die tief in den Boden eingelassen sind. Die Weinbereitung erfolgt unter Einhaltung höchster Hygiene- und Qualitätsansprüche. Denn nur so, kann auf jegliche Zusätze verzichtet werden. Um ausschließlich gesundes und voll ausgereiftes Traubenmaterial zu verarbeiten, werden die Trauben nach der Handlese noch einmal gründlich selektiert. Die leicht angedrückten Beeren vergären zusammen mit Schalen, Kernen und Stielen. Während der Gärung wird der Trester alle drei Stunden aufgerührt, um Austrocknung und Oxidation der nach oben steigenden Beerenhäute, des sogenannten Tresterhuts, zu verhindern und den Gärsaft abzukühlen. Diese, Remontage genannte Methode, forciert die Extraktion der Farb- und Gerbstoffe und verleiht den Weinen eine ausgeprägte Aromatik. Anschließend reift der Wein noch mindestens ein Jahr bei konstanten Temperaturen in den hermetisch verschlossenen Qvevris. Zur Füllung werden die Weine weder filtriert oder geklärt noch erhalten sie eine Schwefelgabe. Es handelt sich also um echte Naturweine.
Qvevri-Wein ist nicht gleich Qvevri-Wein
Der Ausbau in den Qvevris variiert je nach Region. Während im östlichen Kachetien alle Trauben samt Schalen, Kernen und Stielen vergären und der Wein anschließend noch bis zu sechs Monaten auf dem Trester [georgisch: Chacha] reift, werden im westlich gelegenen Imeretien nur 2,5 bis drei Prozent Trester dem Most zugefügt und schon nach einem Monat wieder entfernt. In Zentral-Georgien sind es wiederum fünf bis zehn Prozent Trester, die dafür schon nach zwei Wochen vom Most getrennt werden. Wie unterschiedlich sich das auf den Wein auswirkt, zeigt Andrias Gvino. George Wolskis Spezialität ist es, mit den regionalen Ausbaumethoden „zu spielen“. Wer sich dem georgischen Qvevri-Wein nähern möchte, kann hier von light bis expressiv alles probieren!
Das Original: Naturwein aus Georgien
In den Weingärten arbeiten, die Vegetation beobachten, Trauben lesen, sortieren, Tonamphoren säubern und darin Wein machen – seit seinem dritten Lebensjahr hat George Wolski diese Tätigkeiten begleitet. 1984 gründete sein Großvater in dem kleinen, im Iori-Tal gelegenen Dorf Khashmi, 35 km östlich der georgischen Hauptstadt Tiflis, das eigene Familienweingut Château Khashmi. Seither wirken die Generationen dort zusammen. Zunächst Alexander Wolski mit Sohn und Enkel, heute George mit seinem eigenen Sohn Andria, dem er seit 2018 auch den Namen des Weinguts gewidmet hat. Ob jener bereits als Kleinkind die Trauben stampfte wie auf den Etiketten von Andrias Gvino abgebildet, sei mal dahingestellt, es ist aber Ausdruck der tiefen Verbundenheit von Wein-Handwerk und Familie. Auch der heute achtjährige Andria ist, wenn es die Schule zulässt, immer dabei. Nur wenn George Wolski nach Paris, New York oder Berlin reist, um seine Weine auf der angesagten Naturweinmesse Raw zu präsentieren, muss er zu Hause bleiben. Wir hatten das Glück Vater und Sohn beim Speed-Tasting in Tsinandali auf Einladung der National Wine Agency gemeinsam kennenzulernen und waren von ihrer Ernsthaftigkeit, ihrer Passion und den daraus resultierenden Weinen auf Anhieb begeistert! Es sind Weine, die aufhorchen lassen und in Erinnerung bleiben.