Vincent Gaudry, Loire
Foto©VincentGaudry
Überzeugter Biodynamiker
Mit gerade mal 16 Jahren übernahm der junge Vincent 1991 die Domaine und entwickelte sie stetig nach seinen ganz eigenen Vorstellungen weiter. Schon bald begann er, sich mit der damals noch relativ wenig verbreiteten Biodynamie zu beschäftigen und wurde schnell zu einem zutiefst überzeugten Anhänger. 1997 erfolgte die konsequente Umstellung des Betriebs auf diese Wirtschaftsweise und seit 2006 ist er durch Demeter zertifiziert. Im Lauf der Jahre sind die Rebflächen der Domaine von spärlichen 1,6 auf noch immer überschaubare 11 Hektar gewachsen. 2 Hektar davon sind mit Pinot Noir bestockt, die übrigen 9 mit teils sehr alten Sauvignon-blanc-Stöcken. Muss hier mal neu gepflanzt werden, geschieht das nicht durch die üblichen Rebklone von Zuchtbetrieben, sondern über die sogenannte Selection massale, bei der die Ruten, aus denen später die Setzlinge entstehen, von ausgewählten, möglichst gut an den Standort angepassten Rebstöcken geschnitten werden. So ist hier über die Jahrzehnte ein genetisch vielfältiger und robuster Rebbestand gewachsen, der bestmöglich an das Terroir angepasst ist. Übrigens kommen in den Weinbergen auch keine Maschinen zum Einsatz. Die Pflegearbeiten – wie natürlich auch die Lese – erfolgen von Hand. Zur Bodenbearbeitung wird ein Pferd eingesetzt.
Die Weine sprechen für sich
Über seine Arbeit im Keller gibt Vincent Gaudry nicht viel Preis. Anders als bei vielen anderen Sancerre-Winzer*innen findet bei ihm nur die spontane Gärung im Edelstahl statt, weil er hier die Temperatur besser kontrollieren kann. Der Ausbau erfolgt dann im Holzfass, wobei es weniger um die typischen Holzaromen als viel mehr um die dort stattfindende Mikro-Oxidation geht, die den Weinen zusätzlich Komplexität und Struktur verleiht. Die Weine werden wohl auch nicht filtriert und nur vergleichsweise gering geschwefelt, weisen aber trotzdem ein eher klassisches Geschmacksbild auf. Große, charaktervolle und einzigartige Sancerres, die keiner weiteren Erklärungen bedürfen. Sie sprechen für sich selbst.
Stiller Meister des Sancerre
Wenige Kilometer nordwestlich von Sancerre liegt die kleine Gemeinde Sury-en-Vaux. In deren Ortsteil Petit Chambre ist Kultwinzer Vincent Gaudry zu Hause – der stille und im besten Sinne des Wortes eigenbrötlerische Star des Sancerre. Seine überaus charaktervollen und sehr eigenständigen Weine sind absolute Ausnahmeerscheinungen in der gesamten Region, die sich ansonsten größtenteils schon sehr lange auf ihrer internationalen Berühmtheit auszuruhen scheint, zählt sie doch sicherlich zu den bekanntesten Weinbaugebieten der Loire. Sancerre liegt auf dem gleichen Kimmeridge-Kalk, der sich von hier über das Chablis und die Champagne bis nach Dover zieht. Hier hat der Sauvignon Blanc wohl seinen historischen Ursprung und gibt bis heute als einzige weiße Rebsorte auf rund 80 % der Rebfläche den Ton an. Allerdings wird er hier nur selten so grasig-grün und penetrant interpretiert, wie man das aus der Neuen Welt, bisweilen aber auch aus Deutschland kennt. Ein guter Sancerre blanc ist stets gelbfruchtiger, raffinierter und mehr auf Mineralität und Struktur hin vinifiziert. Und genau das findet sich in Gaudrys Weinen par excellence.