Nicolas Joly, Loire
Foto©NicolasJoly
Geschichtsträchtiges Terroir: La Coulée de Serrant
Dass das Terroir bei Joly im Vordergrund steht, ist nicht weiter verwunderlich, schließlich sind die zwölf Hektar Weinberge des Weinguts überaus geschichtsträchtig. Die Wurzeln des Anwesens, das die Familie 1962 erwarb, gehen bis ins Jahr 1130 zurück. Damals begannen die Zisterzienser an der Loire Weinbau zu betreiben. Die von ihnen angelegte Einzellage La Coulée de Serrant, eine Appellation d’Origine Contrôlée (AOC), befindet sich heute komplett im Besitz der Jolys.
In vino veritas – Auf der Suche nach dem wahren Weingeschmack
Nicolas Joly gilt als Papst des biodynamischen Weinbaus und ist sicherlich einer seiner kompromisslosesten Vertreter. Dabei begann seine berufliche Laufbahn zunächst alles andere als im Einklang mit Erde und Kosmos. Joly studierte in den USA und arbeitete als Investmentbanker in London und New York, bevor er 1978 auf das elterliche Weingut „Château de la Roche-aux-Moines“ bei Angers an der Loire zurückkehrte und sich dem biodynamischen Weinbau verschrieb. „Ich möchte nicht nur einen guten Wein, sondern auch einen echten Wein machen“, so das Credo der Winzerlegende. Dass seine Weine polarisieren, nimmt Nicolas Joly dabei gelassen in Kauf. Ihm geht es nicht um vordergründige Aromen und Punktwertungen. Er möchte vielmehr Emotionen wecken und das Terroir so ungeschminkt wie möglich zur Geltung bringen. Dabei sind seine Kriterien nicht weniger anspruchsvoll. Nur wenige schaffen es, in die Winzervereinigung „Renaissance des Appellations“ aufgenommen zu werden, die der Franzose 2001 gründete und mit strengen Qualitätskriterien versah.
Beseelter Weinbau – Wein mit Emotion
Im Weinberg wird streng nach den Regeln Rudolf Steiners gearbeitet. Im Laufe der Jahre ist Nicolas Joly immer tiefer in Theorie und Praxis des österreichischen Anthroposophen eingetaucht und hat selbst 20 ergänzende Präparate zur Unterstützung der Rebstöcke entwickelt. Sein Buch „Beseelter Weinbau“ [französisch: Le vin – du ciel à la terre“] gilt als Standardwerk für die biodynamische Arbeit mit den Reben. Auf der Suche nach dem wahren Weingeschmack verzichtet der Franzose auf nahezu alles, nur nicht auf Schwefel. Aber auch der ist nicht industriell gewonnen, sondern wird aus Schwefelkristallen von den Kanaren in einer eigens konzipierten Maschine zu Gas umgewandelt, das direkt in den Wein geleitet wird. Alle Trauben werden erst im vollreifen Zustand geerntet. Joly ist der Auffassung, dass der Chenin Blanc seinen Charakter erst dann voll zum Ausdruck bringt, wenn etwas Edelfäule [Botrytis] im Spiel ist.
Heute leitet Nicolas Joly das Weingut gemeinsam mit seiner Tochter Virginie, die das Werk des Vaters konsequent weiterführt. Das mag nicht jedem schmecken, sicher ist jedoch, dass die Joly-Kreationen zum Spannendsten gehören, was die Weinwelt aktuell zu bieten hat.