Weiser-Künstler, Mosel
Foto©WeiserKünstler
Der Sprung ins kalte Moselwasser
Der Weinbau war den beiden nicht in die Wiege gelegt. Konstantin arbeitete bei einer Bank, eher er eine Winzerausbildung absolvierte. Alexandra war davor im Sozialmanagement tätig. An die Mittelmosel hatte es die beiden eher zufällig verschlagen. Konstantin hatte hier zuletzt eine Anstellung als Betriebsleiter eines Weinguts. Nach einigen unschönen Erfahrungen dort hatte er sich für eine Auszeit in Neuseeland entschieden – verbunden mit Arbeitserfahrung in Weingütern vor Ort. Unabhängig davon, aber nahezu zeitgleich, hatte sich Alexandra damals gerade entschlossen, aus der Leitung einer sozialen Einrichtung auszusteigen. Mitten in dieses berufliche Vakuum stieß schließlich ein befreundeter Winzer mit der zündenden Idee: Es gäbe da knapp zwei aufgegebene Hektar in der Enkircher Ellergrub und die beiden sollten diese doch pachten und so endlich ihr eigenes Weingut gründen. Ab da ging alles ganz schnell. Konstantin kam aus Neuseeland zurück und noch auf dem Rückweg vom Flughafen nahmen die beiden den Weinberg in Augenschein. Wenige Tage später standen sie im Steilhang, um die verwilderten Reben zumindest halbwegs in Schuss zu bringen. Für einen richtigen Rebschnitt war es damals – im Mai 2005 – bereits zu spät. Und so war das Weingut Weiser-Künstler geboren. Ganz ohne Businessplan und großes Budget, dafür mit viel Enthusiasmus, Tatendrang und einem gemieteten Kellergeschoss haben die beiden den kühnen Sprung ins kalte Wasser des Moselweinbaus gewagt und setzen hier seitdem ihre ganz eigene Idee von Wein um. Mit Erfolg.
Belle Époque – remastered
Mit puristisch-eleganten, präzisen und betont leichtfüßigen Terroir-Rieslingen hat sich das Weingut Weiser-Künstler binnen weniger Jahre unter die Spitzenerzeuger*innen der Region eingereiht und längst auch international ein Publikum gefunden. Etwas mehr als vier Hektar – allesamt in historisch bedeutsamen Spitzenlagen – bewirtschaften die beiden mittlerweile. Viel mehr soll es gar nicht werden. Von Anfang an hatten sie sich einer Weinbergsarbeit im Einklang mit der Natur verschrieben – seit 2016 ist der Betrieb biozertifiziert. Im Keller wird auf önologische Eingriffe weitgehend verzichtet und lediglich ein maßvoller Schwefeleinsatz sorgt für die Stabilität der Rieslinge. Die Stilistik ist im Kern eigentlich klassisch, aber keinesfalls altbacken, und zeichnet sich durch einen virtuosen Umgang mit Süße und Säure, Spannung und Harmonie aus. Das Weingut sitzt heute in einem historischen kleinen Gutshof im vom Jugendstil geprägten Traben-Trarbach. Diese kunsthistorische Epoche markiert zugleich die große Blütezeit des Moselrieslings. Daran knüpft nicht nur das markante Etikettendesign von Weiser-Künstler in moderner Weise an – auch die Weine atmen in ihrer Eleganz und Harmonie den Geist einer neuen Belle Époque.
Von Schiefer, Schweiß und Schwerelosigkeit
Der Blick der Enkircher Ellergrub auf die malerisch durchs Tal mäandernde Mosel ist in jedem Sinn des Wortes ein erhabener. Selbst wenn man etwas außer Puste auf leicht zittrigen Beinen steht. Denn man muss die rund 280 Höhenmeter auf den teils schwindelerregenden Schiefertreppchen mal selbst hinaufgestiegen sein, um ahnen zu können, was Weinbau an einem so extrem steilen Hang bedeutet. Noch dazu in seiner sehr viel aufwendigeren ökologischen Variante. Das „Monorack“, eine kleine motorisierte Einspurbahn, nimmt den Winzer*innen zumindest den Transport schwerer Lasten ab. Rebschnitt und -pflege, Pflanzenschutz, Lese etc. bleiben jedoch Handarbeit. Kein Zuckerschlecken bei bis zu 65 % Hangneigung. Da wird einem klar, wie viel Leidenschaft Alexandra Künstler und Konstantin Weiser antreiben muss und wie viel Kraft und Ausdauer es wohl kosten mag, dem Schieferberg hier Jahr für Jahr Rieslinge abzuringen, die dann so unangestrengt und geradezu schwerelos über den Gaumen fließen, dass von all den Mühen ihres Entstehens nichts zu spüren ist. Und genau hier in der steilen Ellergrub – wo andere aufgegeben hatten – hat ihr eigenes Weingut Weiser-Künstler seinen Anfang genommen.