Deutschland: Rudolf May, Franken
Verteidiger des fränkischen Silvaners
Knapp 20 km nordwestlich von Würzburg liegt in einem Seitental zum Main die Gemeinde Retzstadt. Hier betreibt Familie May schon seit rund 300 Jahren Weinbau. Als selbstständiges Weingut tut sie das allerdings erst seit 1998, als Rudolf May den Sprung in den Vollerwerb wagte und seinen Betrieb binnen weniger Jahre zu einem der Spitzenerzeuger Frankens entwickelte, der 2014 schließlich in den VDP aufgenommen wurde.
Franken ist – betrachtet man den Anteil an der gesamten Rebfläche – unangefochtenes Silvanerland. Doch auch hier wurde die ehemals meist angebaute Rebsorte Deutschlands über Jahrzehnte hinweg zunehmend vom Riesling und den Burgundersorten verdrängt. Seit den 1960er-Jahren ging ihre Anbaufläche kontinuierlich zurück – vor allem mit dem einsetzenden Riesling-Hype ab den 1990er-Jahren. Dass der Silvaner gerade in Franken, von wo aus er ab Mitte des 17. Jahrhunderts seinen einstigen Siegeszug in Deutschland begann, seit rund 20 Jahren dennoch eine beachtliche Renaissance erlebt, ist einer Handvoll Winzer*innen zu verdanken, die an ihm festhielten und zunehmend unter Beweis stellen konnten, dass er ein herausragender Terroir-Träger ist und auch veritable Große Gewächse hervorbringen kann. Zu ihnen zählt ohne Zweifel Rudolf May als äußerst engagierter Silvaner-Verteidiger.
Biologisch erzeugte Terroir-Weine
Rund 70 Prozent der Rebfläche in der Obhut der Mays – längst sind auch die drei Kinder im Weingut aktiv – sind heute mit Silvaner bestockt. Es sind vor allem die eher kargen, skelettreichen und vom Muschelkalk geprägten Böden, die die Rebsorte zu Höchstleistungen antreiben, aber natürlich ebenso Faktoren wie das Rebalter, die richtigen Maßnahmen bei der Weinbergsarbeit sowie gezielt reduzierte Erträge. Zudem arbeitet Rudolf May im Weinberg seit 2014 zertifiziert biologisch, also ohne chemisch-synthetische Pestizide und Düngemittel – und das nicht, weil es vielleicht gerade en vogue wäre. Der Franke an sich neigt eher nicht dazu, sich dem Zeitgeist anzubiedern. May ist überzeugt, dass ein lebendiger Weinberg mit hoher Biodiversität bessere, authentischere und ausdrucksvollere Weine hervorbringt als eine mehr oder weniger sterile Monokultur. Die besondere Qualität des Leseguts erlaubt es ihm zudem, im Keller nicht unnötig eingreifen zu müssen. Dort setzt er auf Spontangärung, den Ausbau im traditionellen großen Holzfass und die nötige Zeit, die ein unmanipulierter Wein braucht, um sich zu entwickeln.
So entstehen „fränkisch trockene“, also bis zur harmonischen Balance zum natürlichen Säuregehalt durchgegorene Charakterköpfe, die ihre Rebsorte, ihr Terroir und eine ganz individuelle Winzerhandschrift in äußerst delikater Weise widerspiegeln. Und das gilt natürlich nicht nur für die Mayschen Silvaner.