Moritz Kissinger, Rheinhessen
Foto©Vinocentral
Auf den Kopf gestellt und neu zusammengesetzt
Aber von Anfang an: Moritz Kissinger absolvierte seine Winzer-Lehre in Rheinhessen bei Wagner-Stempel, Gutzler und Raumland. 2018 begann er an der renommierten Wein-Uni in Geisenheim zu studieren. Nebenher machte er immer wieder Praktika und sammelte Erfahrungen bei Gusbourne Estate in Groß-Britannien, Eva Fricke im Rheingau, den Brand Brüdern in der Pfalz und bei Pegasus Bay in Neuseeland.
Wichtiger Teil jeder Geisenheim-Zeit sind zudem die von den Studierenden organisierten abendlichen Weinproben in den WG-Küchen, bei denen alles probiert wird, was die Weinwelt an Spannendem zu bieten hat: von Klassisch bis Naturwein. Dabei entdeckte Moritz nicht nur sein Faible für das Burgund, sondern auch für Lebendigkeit anstelle einer kühlen, technischen Stilistik. Er verabschiedete sich von der Primärfrucht und setzt seither auf oxidativen Ausbau und eine zügige Spontangärung. Wie in einem Puzzle fügte sich alles zusammen und so kam es, dass im elterlichen Weingut (Weingut Kissinger) nach und nach einiges auf den Kopf gestellt wurde.
Umstellung auf Biodynamie und eigenes Label
Auch wenn Moritz mittlerweile sein eigenes Label hat, machen Vater und Sohn immer noch vieles gemeinsam. Zusammen haben sie die Weinberge rund um Uelversheim und an der Rheinfront auf Biodynamie umgestellt und sind dem demeter-Verband beigetreten. 2020 ist der erste Jahrgang, der das Label tragen darf.
„Jede Generation bringt etwas ein“, sagt Moritz. „Bei meinem Vater Jürgen war es in den 1990er-Jahren die Hinwendung zu trockenen, kristallklaren Rieslingen, bei mir sind es Boden und Lebendigkeit. Ich will alles mitnehmen, was der Weinberg hergibt.“
Ein weiteres Gebot für Moritz ist Frische. Es ist ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Lese und hält auch die strukturgebende Maischestandzeit kurz. Angst vor Sauerstoff hat Moritz aber nicht, im Gegenteil. „Der Wein soll mit Luft gesättigt sein“, sagt er. „Das macht ihn haltbar. Ich habe den Anspruch, dass meine Weine langlebig sind.“ – Das hier etwas erfrischend Neues und Spannendes entsteht, kann man schmecken, ob es angesichts der animierenden Trinkigkeit lange im Glas bleibt, ist fraglich. Wir freuen uns, dass wir Moritz weiteren Werdegang begleiten dürfen!
Der Bericht über unseren Besuch bei Moritz Kissinger ist hier zu lesen Mehr lesen
Jung, talentiert, weinverrückt
Junge, gut vernetzte Winzertalente machen hierzulande schon eine ganze Weile von sich Reden. Bislang waren damit Winzer*innen gemeint, die vor 1995 geboren wurden. Jetzt steht die nächste Generation in den Startlöchern und scheint fast noch weinverrückter als die vorherige zu sein. Einer davon ist Moritz Kissinger. Mit seinem Erstlingswerk, dem Chardonnay 2018, hat er sich gleich auf die ganz große Bühne katapultiert. Dass dies so schnell ging, ist keinem Geringeren als Klaus Peter Keller zu verdanken, der den Wein in einem Instagram-Post in einem Atemzug mit einem renommierten Burgunder erwähnte und in den höchsten Tönen lobte. Dass das keine Eintagsfliege war, zeigt nicht allein der Chardonnay-Folgejahrgang, sondern auch die kleine, aber beständig wachsende Weinkollektion von Moritz Kissinger.