Carsten Saalwächter, Rheinhessen
Foto©CarstenSaalwächter
Die zwei Seiten des Rheins: Rotwein-Enklave Ingelheim und Assmannshäuser Höllenberg
Das Weingut Saalwächter wurde 1853 von Paul Christian Saalwächter mitten im rheinhessischen Ingelheim gegründet. Heute umfasst die Rebfläche 11,5 Hektar. 2017 erhielt Carsten sechs davon von seinem Vater und macht dort seither sein eigenes Ding: mit Spontangärung, Ausbau im großen Holz, ohne Schönung und Filtration. Dabei konzentriert er sich in erster Linie auf Spätburgunder und Silvaner. Die Umstellung auf Bio läuft, seit 2020 ist der Betrieb bereits frei von Herbiziden.
Die Rebstöcke stehen in der rheinhessischen Rotwein-Enklave Ingelheim und auf der anderen Seite des Rheins, am legendären Assmannshäuser Höllenberg im Rheingau, wo Carsten 2018 einen echten Schatz dazu pachten konnte: Der steile Schieferhang ist mit uralten französischen Pinot-Klonen bestückt.
Die Rebflächen auf dem Hochplateau in Ingelheim hingegen sind vom Muschelkalk dominiert. Da die Gemarkung von der Flurbereinigung verschont geblieben ist, gibt es eine Vielzahl an Einzellagen, keine größer als drei Hektar, die mit alten Reben bestockt sind und jeweils ein anderes Mikroklima aufweisen.
Pressen mit Hochdruck
Lange hat Carsten Saalwächter geschwankt, ob er beim Weißwein auf Silvaner oder Chardonnay setzen soll – und dann doch den Fokus auf die regionaltypische Rebsorte gelegt. Dass er sich im Grunde gar nicht entscheiden musste, merkt man beim ersten Schluck: Sein Silvaner ist in jeder Hinsicht burgundisch geprägt.
Das Geheimnis? „Ich presse nicht soft“, schmunzelt er, „sondern mit so viel Druck wie nur geht.“ – Das ist erstaunlich, wird doch sonst die schonende Pressung immer so hervorgehoben. Anders Carsten Saalwächter: Die Trauben für den Weißwein presst er extrem lange mit 2,5 bis 3,5 bar in einer alten Spindelpresse und füllt sie ohne große Maischestandzeit in Holzfässer. „Wenn man reif liest, kann auch stark gepresst werden. Dadurch erhält der Silvaner Struktur und eine Phenolik, die nicht weit vom Chardonnay entfernt ist.“ Dennoch will er aus dem Silvaner keinen Chardonnay machen. Mit seiner Würze und Salzigkeit steht er für sich selbst.
Damit setzt der erfolgreiche Jungwinzer ganz neue Maßstäbe und kreiert einen Stil, der uns absolut begeistert.
Mehr über Carsten Saalwächter und unseren Besuch vor Ort gibt in unserem Blog zu lesen: Saalwächters Kellerkinder
„… Silvaner sowie sämtliche Burgundersorten, Chardonnay inklusive. Diese Varietäten mögen den hier [in Ingelheim] vorherrschenden Kalksteinboden, und Simone Adams und Carsten Saalwächter zählen zu ihren vorzüglichsten Interpreten. Ich kann beide Kollektionen ohne Einschränkungen empfehlen, …“
Stephan Reinhardt,
Sonntag, 1. Mai 2022, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Carsten Saalwächter – Bester Praktikant ever
Anders als viele Winzer*innen der jungen Generation ist Carsten Saalwächter kein Geisenheim-Absolvent, sondern hat das Handwerk in Weinberg und Keller gelernt. Zehn Jahre lang arbeitete er auf Weingütern, die in Sachen Burgunder-Sorten Rang und Namen haben: Jean Stodden, Schnaitmann, Benedikt Baltes, Chat Sauvage, Friedrich Becker, Domaine des Lambrays, Jean Chartron und Hanspeter Ziereisen. Letzter hat ihn vermutlich am meisten beeinflusst. Aber auch der angehende Winzer hinterließ Eindruck: Ziereisen spricht gerne vom „besten Praktikanten, den er je hatte“.
Auch uns gegenüber. Einmal mehr nahmen wir uns vor, Carsten Saalwächter in Ingelheim zu besuchen. „Kurz vor knapp“, wie sich rausstellen sollte, denn nach ausgiebiger Probe im Keller des historischen Weinguts konnten wir für das vinocentral gerade noch ein paar wenige Flaschen seiner ausgezeichneten Weine sichern.