August Kesseler, Rheingau
Foto©Kesseler
Trockener Rotwein aus dem Barrique
Zu Beginn der 1980er-Jahre hatten Weine – vor allem auch die roten – in Deutschland restsüß zu sein. Wegen der damals noch oft schwierigen klimatischen Bedingungen wurde das meist durch den Zusatz von Süßreserve reguliert. Als Kesseler 1983 seinen ersten trockenen Spätburgunder abfüllte, fand das zunächst nur wenig Gegenliebe in der Weinwelt. Doch hatte er damit einen Trend vorweggenommen, der bis heute anhält, und konnte sich so einen Namen machen.
Nichtsdestotrotz hält er auch gegenwärtig daran fest, auch seinen trockenen Weinen eine stützende Restsüße zu belassen. Das wiederum sorgt bei den Verkostern unserer Zeit für Unverständnis und wird von den gängigen Weinführern gerne abgestraft. Auf Anraten Bovensiepens begann Kesseler Mitte der 1980er-Jahre zudem als einer der ersten deutschen Winzer mit dem Barrique-Ausbau. Den Eichenholzeskapaden der folgenden Jahre konnte er jedoch nichts abgewinnen. Heute kommen neue Barriques bei ihm nur sehr maßvoll zum Einsatz, um den feinfruchtigen, überaus eleganten Charakter seiner Pinots zu unterstreichen.
Große Rieslinge
Seine ausgesprochene Kompetenz in Sachen Riesling erwarb der Ausnahmewinzer in seiner Zeit als Gutsdirektor von Schloss Reinhartshausen mit dessen legendären Rheingauer Lagen. Binnen weniger Jahre brachte er das Weingut unter die deutschen Spitzenerzeuger. Nach dem Tod des damaligen Eigentümers kam es zum Bruch mit den Erben. Kesseler verließ das Weingut, um sich wieder verstärkt seinem eigenen Betrieb anzunehmen. Mit seinem Abschied verblasste der Ruhm des traditionsreichen Hauses schneller, als er gekommen war. Heute bewirtschaftet Kesseler Rieslinge in den berühmten Lagen am Rüdesheimer Berg sowie in weniger renommierten Lagen in Lorch, aus denen er ebenfalls absolute Spitzenweine hervorbringt.
„Godfather“ des deutschen Weins
August Kesseler gehört ohne Zweifel zu den ganz großen Persönlichkeiten des deutschen Weinbaus, der viele Entwicklungen und Trends maßgeblich mitgeprägt hat, ohne sich dabei irgendwelchen Moden zu beugen. Seine Pinots aus dem legendären Assmannshäuser Höllenberg, in dessen Fuß der Felsenkeller des Weinguts geschlagen wurde, haben Weinbaugeschichte geschrieben – und tun das bis heute. Seine außergewöhnlichen Rieslinge stehen dem hinsichtlich ihres immensen Reifepotenzials, ihrer Saftigkeit, ihrer Dichte und ihres Trinkflusses in nichts nach. Wahrhaft große Weine von einem wahrhaft großen Winzer.
Alle Bilder: Weingut August Kesseler
Vom Motorsport in den Weinkeller
Eigentlich wollte August Kesseler als junger Mann Rennfahrer werden, doch stellte ihn das Schicksal unverhofft vor eine ganz andere Herausforderung: Mit 19 Jahren wurde er Vollwaise und sah sich gezwungen, das elterliche Weingut in Assmannshausen im Rheingau zu übernehmen. Die Liebe zum Motorsport sollte dennoch seiner Winzerkarriere dienlich sein: Er lernte Burkhard Bovensiepen kennen. Der Gründer der legendären BMW-Tuning-Firma Alpina war und ist bis heute nebenbei einer der bedeutendsten Weinhändler Europas. Er nahm den jungen August Kesseler unter seine Fittiche und führte ihn in die Welt der großen Weine ein.