Klaus Peter Keller, Rheinhessen
Foto©Gropperflm
Passioniertes Winzerhandwerk
Wer Familie Keller kennt, weiß, dass der immense Erfolg des Betriebs nicht von ungefähr kommt. Viel harte Weinbergsarbeit, akribische Anstrengungen und das ständige Bestreben nach immer perfekteren Weinen. „Qualität kommt von sich quälen“, ein Zitat, das im Hause Keller oft zu hören ist - und es spiegelt genau die Philosophie der Familie wider. Sei es der Perfektionismus beim Selektieren der Trauben während der Ernte, die ständige Beobachtung der Weinberge und derer Entwicklung im Laufe der Vegetationsperiode oder das händische Hacken in den Steilstlagen der Rheinfront. Für nichts ist man sich zu schade und nimmt „Qualen“ in Kauf, um am Ende das vollkommenste Ergebnis in die Flasche zu bringen. Es kommt also nicht von ungefähr, dass Jahr für Jahr Weine entstehen, die in ihrer Art wohl einmalig sind. Seien es die filigranen, trockenen Rieslinge aus Lagen wie Pettenthal, AbtsE und Hubacker oder die Spätburgunder aus Morstein, Bürgel und Frauenberg.
Neben Riesling und Spätburgunder wird aber auch noch zwei weiteren Rebsorten Aufmerksamkeit gezollt. Der zu Unrecht etwas in Verruf geratene Urklassiker Rheinhessens Silvaner schaffte es bis zur VDP-Auktion nach Bad-Kreuznach, und auch die Scheurebe findet hier eine angemessene Bühne, sowohl trocken ausgebaut als auch in Form eines klassischen fruchtsüßen Kabinetts.
Von Rheinhessen an die Mosel
Eben genau dieser Kabinett, oft auch liebevoll „Kabi“ genannt, ist ein Weinstil, den Familie Keller sehr schätzt. Die Verbindung aus Eleganz, Finesse und Leichtigkeit wird Jahr für Jahr gekonnt in die Flaschen gebracht. Je nach Jahrgangsbedingungen werden dafür auch die Spitzenlagen genutzt. Jüngster Streich ist wohl die Pacht einer kleinen Parzelle der Schubertslay, einer Lage in Piesport an der Mittelmosel. „The jewel in the Mosel crown“ schrieb die Master of Wine Julia Harding einst für Jancis Robinson. Einzigartig im Mikroklima, purer Schieferboden, Jahrzehnte alte, teilweise noch wurzelechte Reben und extrem schwer zu bewirtschaften. Alles Bedingungen, die dafür prädestiniert sind, große Weine zu keltern. Und so kam es, dass der Schubertslay-Kabinett *Alte Reben* auf den Versteigerungen des VDP Rekordergebnisse schaffte, die selbst die berühmter Moselweingütern übertrafen. Wenn man einmal das Glück hat, diese Weine zu verkosten, sollte man beherzt zugreifen – das ist ein Weinmoment mit Gänsehaut pur.
Mit Schaumweinen in die nächste Generation
Es braucht wohl keinen Blick in die Glaskugel, wenn man erfahren möchte, welche Wege bei den Kellers als Nächstes beschritten werden. Felix hat eine große Leidenschaft für weiße Burgunder-Rebsorten entwickelt. Durch seine Aufenthalte in der Champagne ist der Wunsch entstanden, eigene Schaumweine zu produzieren. Gesagt, getan – ein neuer Fass- und Lagerkeller wurde errichtet und einige Lagen neu erworben, andere neu bepflanzt. Die Trauben für die ersten Grundweine wurden 2019 geerntet. Der Jungwein liegt jetzt, nach der zweiten Gärung, noch auf der Hefe. Von seiner Qualität durften wir uns jüngst selbst bei einer kleinen Probe überzeugen. Es bleibt also spannend, was in einigen Jahren daraus entstanden sein wird. Eines ist aber gewiss: Mit Superlativen ist abermals zu rechnen.
Vom landwirtschaftlichen Mischbetrieb an die Weltspitze
Es war im Jahr 1789, als Johann Leonard Keller aus der Schweiz vor den Unruhen der Französischen Revolution floh und ins bescheidene rheinhessische Dorf Dalsheim auswanderte. Dort erwarb er den Hubacker und legt somit das Fundament für einen – wie damals durchaus üblich – landwirtschaftlichen Mischbetrieb. Dass daraus einmal eines der renommiertesten Weingüter Deutschlands, wenn nicht vielleicht sogar der Welt, werden würde, konnte zu dieser Zeit wohl noch niemand ahnen. Die Jahre vergingen und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellte Klaus Keller, Vater von Klaus-Peter Keller, wohl die entscheidendsten Weichen. Er verlies die Schule, da sein Vater ihn vor vollendete Tatschen stellte: Entweder sollte er den weinbaulichen Teil komplett übernehmen oder dieser würde verkauft. Aus heutiger Sicht fällte er die richtige Entscheidung. Auch wenn es zu Beginn eher mühsam war, hatte er schon bald Erfolg, der im Jahr der Wende durch die Auszeichnung „Winzer des Jahrzehnts“ vom Gault Millau gekrönt wurde. Parallel dazu stieg Klaus-Peter Keller mit in den Betrieb ein. Nach Abitur und Studium in Geisenheim verschlug es ihn zunächst für Praktika ins französische Burgund und er lernte seine heutige Frau Julia kennen. Sie selbst ist in einer Winzerfamilie im nahegelegenen Westhofen groß geworden und brachte die Lagen Morstein und Kirchspiel mit in die Ehe.