Johannes Zillinger, Weinviertel
Foto©Zillinger
Raus aus dem System
Die DAC bedeutete auch für Johannes Zillinger – damals gerade am Beginn seiner Winzerlaufbahn – zunächst mal einen positiven Aufbruch. Das Qualitätsniveau in der Region stieg. Doch gesellte sich zum Segen bald der Fluch: Mit dem Erfolg kamen auch EU-Subventionen und mit diesen wiederum die technologische Aufrüstung im Weinbau. Vielfalt und Individualität in den Weinen gingen in der Folge an der industriellen Uniformierung zugrunde. Irgendwann waren selbst die amtlichen Prüfverkoster auf den modischen Veltliner-Stil mit immer höherem Alkohol und Aromen von „Eiszuckerl“ und „Sauvignon blanc“ eingenordet. Die Verfälschung wurde zur Norm. Mit dem Jahrgang 2011 hat sich Johannes Zillinger deshalb vom DAC-Wein verabschiedet – und in den folgenden Jahren schließlich auch vom ganzen System der amtlichen Vorgaben für Herkunftsweine.
Ent-technisierte Weine
Senior Zillinger hatte bereits 1984 auf biologische Landwirtschaft umgestellt – lange bevor das ein nennenswertes Thema war. Im Weingarten waren sich Vater und Sohn da weitgehend einig, beim Weinstil jedoch keinesfalls. Erst mit dem Generationswechsel 2012 konnte Johannes Zillinger dann endlich den Ideen freien Lauf lassen, die schon lange in ihm gärten. Zunächst gings der Kellertechnik an den Kragen. Es wurde mehr und mehr auf der Maische vergoren, die Stahltanks durch georgische Amphoren und Holzfässer ersetzt, die Weine ohne Schönung, Filtration oder die üblichen Schwefelzusätze gefüllt.
Im gleichen Maß wie aus ihnen alles Gefällige und Angepasste verschwand, machte sich leider auch die Stammkundschaft aus dem Staub. Doch da fand sich recht bald eine neue ein – rund um den Globus.
Die Zillinger-Weine präsentieren sich heute von Jahr zu Jahr mit einer unglaublichen Unbeschwertheit und Lebendigkeit. Sie dürfen sich in aller Ruhe aus sich selbst heraus entwickeln, zeigen Ecken und Kanten. Und sie erzählen eine ganz andere Geschichte von ihren Rebsorten, ihrem Terroir und ihrem Macher – sowie vom feinen Unterschied zwischen Harmonie und Langeweile.
Nachdem Johannes bereits in der Naturweinszene größte Anerkennung genießt, verbeugen sich mittlerweile auch die eher konservativen Kreise vor ihm: Der österreichische Gault&Millau kürte seinen 2017er Sauvignon Blanc Numen Fumé zum „Alternativen Wein des Jahres 2020“. Da verbeugen wir uns gerne mit.
Wider den Massengeschmack
Ganz im Nordosten Österreichs liegt das größte Weinbaugebiet des Landes, das Weinviertel. Lange Zeit dominierte hier der Massenweinbau mit billigen Alltagstropfen und Grundweinen für die Sektproduktion. Das Blatt wendete sich erst ab 2002 mit der Gründung der ersten DAC in Österreich überhaupt. Frische, fruchtige Grüne Veltliner machten das Weinviertel fortan überregional und auch international bekannt. Ende gut, alles gut? Nicht für Johannes Zillinger aus Götzendorf im Südlichen Weinviertel. Er hat ein Gegenprogramm zum oftmals banalen, auf Massengeschmack getrimmten Weinstil der Region entworfen: naturbelassene Charakterweine, die längst zu den besten des Landes zählen.