Marc Kreydenweiss, Elsass
Foto©Kreydenweiss
Pferd statt Maschine
Um die Jahrtausendwende zog es Marc Kreydenweiss schließlich zu einem neuen Lebensabschnitt in wärmere Gefilde und er ließ sich in einem Zweitweingut im äußersten Südwesten des Rhône-Tals nieder. Im Elsass übernahm Sohn Antoine die Zügel – und zwar buchstäblich: Statt mit schweren Maschinen erledigt Antoine viele Arbeit im Weinberg mit seinem Pferd Sam, einem stattlichen Kaltblüter, der auch die Etiketten des 2018er-Jahrgangs ziert. Diese vom Vater 1984 begonnene Tradition, die Etiketten jedes Jahrgangs von wechselnden Künstler*innen gestalten zu lassen, führt der Sohn fort. Wie auch die konsequente Auffassung von Biodynamie, den Sinn für das Terroir und das handwerkliche Know-how, dass es den Weinen ermöglicht, ohne große önologische Eingriffe zu sich selbst zu finden. Als unverfälschter Ausdruck von Boden und Rebe.
Progressives Elsass
Unter Antoines Ägide wurden die Weine noch naturbelassener. Als er schließlich auch den Schwefel in der Weinbereitung wegließ, wurde das von der damaligen Stammkundschaft weniger goutiert. Heute erhalten sie wieder eine minimale Dosis zur Füllung. So entstehen progressive und individuelle, aber dennoch allgemein verständliche Terroir-Weine mit teils beachtlichem Reifepotenzial – und das nicht nur bei den Grand Crus. Die Weine verbinden die Kraft, die ihren Terroirs innewohnt immer mit Finesse und Eleganz, vor allem aber mit einer ungeschminkten Authentizität. Sie werden dafür weltweit von Kenner*innen geschätzt – gerade auch als reizvolle Speisebegleiter. Deutschland ist diesbezüglich noch Entwicklungsland. Umso mehr möchten wir diese großartigen Charakterköpfe unseren Kund*innen ans Herz legen.
Informationen zum Zweitweingut von Marc Kreydenweiss, das heute von Sohn Jean unter dessen Namen geführt wird, gibt es hier
Pionnier de la biodynamie
Viele deutsche Weinkonsument*innen glauben, im Elsass sei die Zeit grundsätzlich stehen geblieben. Dabei zählt es in Teilen längst zu den progressivsten Weinbauregionen überhaupt. Ein zentraler Wegbereiter dieser Entwicklung war sicherlich Marc Kreydenweiss aus Andlau, rund 30 km südwestlich von Straßburg. Als einer der Ersten begann er in den 1980er-Jahren seine Weine konsequent trocken auszubauen. Eine oftmals banale Restsüße galt bis dahin quasi als Markenzeichen des Elsass. Kreydenweiss hatte aber andere Ziele, als gefällige bis barocke Tropfen für die Touristenmassen zu produzieren. Er wollte die Terroirs seiner Heimat zum Sprechen bringen. Die Böden mit einem Mosaik aus unterschiedlichen Gesteinsformationen wie rosa Sandstein oder schwarzem und grauem Schiefer sowie die topografischen Gegebenheiten sind durch die nahen Vogesen geprägt und bieten in Verbindung mit dem eher trockenen und warmen Klima ganz besondere Bedingungen für den Weinbau. Früh wandte sich Kreydenweiss der Biodynamie zu, weil er erkannt hatte, dass diese eine noch innigere Verbindung zwischen Boden und Rebe ermöglicht. Als Pionier dieser neuen Auffassung von Wein hat er längst zahlreiche Winzer*innen inspiriert wie auch beraten – und das weit über seine Heimat hinaus.