Foradori, Trentino-Südtirol
Foto©Foradori
Flagschiff des italienischen Rotweins
Die autochthone roten Rebsorte, die nur auf dem Campo Rotaliano, dem Schwemmland der Etsch und des Noce, gut gedeiht, war einst zu Zeiten des K.-und-k.-Reichs der beliebteste Wein am Wiener Hof gewesen und hatten den Weinbauern der Region erheblichen Wohlstand beschert. Mit dem Niedergang der Monarchie ging es auch mit dem Trentiner Weinbau bergab und der Teroldego drohte vollends in Belanglosigkeit zu versinken. Allein Elisabetta Foradori wollte sich damit nicht abfinden: Sie forschte in Bibliotheken und an Universitäten nach dem historischen Teroldego, zog eigene Reben aus den Samen, baute im Laufe der Jahre verschiedene Teroldego-Klone in ihren Weingärten an, testete, selektierte – und schuf binnen Kürze den „Granato“ – einen in Barrique ausgebauten Teroldego mit immensem Reifepotenzial, der bis heute als Flagschiff des italienischen Rotweins gilt und der fast vergessenen Rebsorte auf die Bühne der internationalen Weinwelt verhalf.
Erst der Teroldego, dann die Biodynamie
Doch der große Erfolg ließ die willensstarke Winzerin nicht ausruhen. Sie stellte auf ökologischen Landbau und 2002 auf biodynamische Arbeitsweise um. Gedüngt wird seither ausschließlich mit eigenem Kompost, der aus dem Rückschnitt der Rebstöcke, aus Traubenschalen und Stielen besteht, um den Pflanzen das zurückzugeben, was ihnen im Laufe des Jahres genommen wurde. Seit 2009 ist das Weingut demeter-zertifiziert. Die Umstellung dauerte ungewöhnlich lange, da die Gegend durch den Pestizid-Einsatz im großflächigen Obstanbau stark belastet ist.
Heute stehen in Foradoris Weinbergen Brennnessel und Mais zwischen den Rebreihen – und neun Kühe weiden den ganzen Sommer über frei zwischen Stöcken. Im Kräutergarten des Weinguts wachsen Kamille, Echinacea und Baldrian, aus denen die eigenen Tees und Präparate zur Unterstützung der Pflanzen hergestellt werden.
Mit der Amphore am Ziel
Doch damit nicht genug. Vor ein paar Jahren begann die unkonventionelle Winzerin ihren Wein in großen Tonamphoren auszubauen. Diese lies sie eigens in Spanien für sich fertigen, da der heimische Ton aus dem Nachbartal von Natur aus stark aluminiumhaltig ist und dadurch für die Lagerung von Lebensmitteln ungeeignet.
Mittlerweile reift ein Drittel ihres Weins in 400-Liter-fassenden Amphoren. Er gärt auf der Maische allein mit Hilfe der natürlich vorkommenden Hefen. Der Ausschluss von direktem Luftkontakt schützt ihn vor schneller Oxidation, gleichzeitig lässt das Tongefäß zu, dass er ausreichend atmen kann. Der Wein muss nicht filtriert werden, die Schwebeteilchen setzen sich ganz von selbst auf dem Boden der Amphore ab.
Besonders dem Teroldego tut dies gut, findet die Winzerin, da das Terroir dadurch noch deutlicher akzentuiert werde. Der Wein ist eindrücklicher, erdiger – ohne die typischen Teroldego-Aromen zu in den Hintergrund zu drängen. Mit diesem Ausbauverfahren scheint Elisabetta Foradori ihrem Lebensziel vom „idealen Rotwein“ so nah wie nur irgend möglich gekommen zu sein – genau der richtige Zeitpunkt also, um das Feld der nachfolgenden Generation zu überlassen.
Alle Bilder, soweit nicht anders angegeben: Foradori
Winzerin der Superlative
Königin des Teroldego, Päpstin des Teroldego, Winzerikone aus dem Trentino – mit Superlativen wird nicht gespart, wenn von Elisabetta Foradori die Rede ist. Dabei ist die Anfang 50-jährige Winzerin eine unprätentiöse Frau, die Zeit ihres Lebens mit angepackt hat. Erst jetzt beginnt sie, sich langsam zurückzuziehen und das Feld ihrem Sohn Emilio zu überlassen.
Der Ruhm ist Elisabetta Foradori nicht in den Schoß gefallen: Als sie 19 Jahre alt war, starb ihr Vater und sie musste sich mit ihrer Ausbildung an der Weinbauschule in San Michele all’ Adige beeilen, um das vom Großvater gegründete Familienweingut in Mezzolombardo übernehmen zu können. Eine schwere Aufgabe, doch leicht wollte es sich die junge Frau auch gar nicht machen. Statt wie die meisten anderen Winzerbetriebe des Trentinos ihre Trauben bei der Genossenschaft abzuliefern, die daraus leichte, fruchtige Massenweine kelterte, widmete sich Elisabetta mit all ihrer Kraft dem Teroldego (Betonung auf der zweiten Silbe).