Domaine Ratte, Jura
Foto©DomaineRatte
Domaine Ratte, Arbois – Junge Domaine mit alten Wurzeln
Auch in Sachen Bioweinbau ist das Jura schon lange ein Vorbild. Rund die Hälfte der Betriebe ist heute zertifiziert – so auch die Domaine Ratte des Ehepaars Michel-Henri und Françoise in Arbois. Weinbau hat die Familie schon seit Generationen betrieben, allerdings als reine Traubenproduzenten. Erst 2015 wagten Michel-Henri und Françoise Ratte den Schritt, ihre Weine selbst auszubauen und unter eigenem Namen abzufüllen. Im Zuge des regelrechten Jura-Hypes rund um den Globus, der die nach wie vor kleinen Weinmengen seit einigen Jahren regelrecht verschlingt, war die Zeit wohl mehr als reif dafür und Familie Ratte – heute ist Sohn Quentin ebenfalls mit an Bord – konnte sich binnen Kürze einen internationalen Ruf erarbeiten. Längst sind daher auch ihre Weine weltweit begehrte Mangelware.
Zaubertrank der Widerspenstigen
Das Jura im äußersten Osten Frankreichs, direkt an der Grenze zur Schweiz, entspricht in der französischen Weinkultur dem berühmten gallischen Dorf der Asterix-Comics. Nur waren es nicht die Römer, die abgewehrt wurden – die haben hier schon vor Beginn unserer Zeitrechnung Weinbau betrieben. Vielmehr biss sich die weinbauliche und önologische Moderne am Jura gewissermaßen die Zähne aus. Seit dem Mittelalter genossen die Weine großes überregionales Ansehen und im 19. Jahrhundert standen rund 20.000 Hektar im Ertrag. Dann kam die Reblaus. Es verschwanden rund 90 % der Rebflächen auf Nimmerwiedersehen – und bald darauf auch das allgemeine Interesse an der gesamten Weinregion. Die hielt dennoch eisern an den traditionellen Praktiken und dem extrem oxidativen Ausbaustil fest und konsumierte zunehmend selbst, was sie hervorbrachte. Und während in der übrigen Weinwelt Ende der 1960er-Jahre die önologische Revolution so richtig Fahrt aufnahm, ging der Fortschritt im Jura in die exakt entgegengesetzte Richtung: Die Region gilt seit den 1970ern als die Wiege der „vins naturels“ und ihre eigenwilligen, vollkommen aus der Zeit gefallenen Weine haben unter Kennern heute quasi Zaubertrankstatus. Zu Recht!
Authentisch, aber zugänglich
Aus tiefer Überzeugung bewirtschaften die Rattes bereits seit 1989 ihre Reben nach den Prinzipien der Biodynamie. Heute verfügen sie über neun Hektar in den besten Terroirs von Arbois. Ihre Rebbestände sind zum Großteil zwischen 20 und 80 Jahre alt – eine kleine Savagnin-Parzelle, die noch von Françoise Rattes Urgroßvater angepflanzt wurde, bringt es auf stolze 100 Jahre. Dementsprechend handelt es sich bei den Reben um sehr ursprüngliche genetische Varietäten der althergebrachten autochthonen Sorten des Jura wie dem weißen Savagnin oder dem roten Trousseau. Sie werden zudem meistens durch massale Selektion nachgezogen anstatt durch neuere Klone ersetzt. Auch beim Ausbau im Keller wird allergrößter Wert auf Ursprünglichkeit und natürliche Prozesse gelegt – weitestgehend ohne önologische Eingriffe. Lediglich zur Füllung werden die Weine im konventionellen Maß mit Schwefel versetzt, wodurch sie im Allgemeinen etwas zugänglicher und weniger wild ausfallen als richtige Naturweine – gerade die aus dem Jura. Das macht sie auch zum idealen Stoff für Menschen, die sich dieser sagenumwobenen und absolut nonkonformistischen Region zum ersten Mal nähern.