Domaine Jonathan Didier Pabiot, Loire
Foto©DomaineJonathanDidierPabiot
Verschlafene Legende Pouilly Fumé
Die Appellation Pouilly Fumé genießt, neben der benachbarten Herkunftsbezeichnung „Sancerre“, noch immer einen legendären Ruf. Wenn der auch in der jüngeren Vergangenheit etwas Staub angesetzt hat. Der Name setzt sich aus der Gemeinde Pouilly-sur-Loire und dem Begriff „fumé“ (frz. geräuchert) zusammen, der auf die ausgeprägten Vorkommen an Feuerstein in den Böden Bezug nimmt. In diesem Teil der Loire hat die Rebsorte Sauvignon blanc ihren Ursprung. Die durfte in den vergangenen Jahrzehnten einen unglaublichen internationalen Boom erleben, doch ging der Hype an der Loire irgendwie vorbei. Die traditionelle Weinstilistik hier hat eben so rein gar nichts mit der teils schrillen Aromatik zu tun, wie man sie vor allem aus der Neuen Welt und von ein paar europäischen Trittbrettfahrer*innen kennt. Die opulente, oft schon penetrante Frucht im Bukett mit den typischen Noten von grüner Paprika, Stachelbeere und mehr oder weniger ausgeprägten Anklängen von Katzenpipi waren und sind auf dem internationalen Parkett en vogue. An der Loire interpretiert man das Ganze jedoch im Allgemeinen etwas subtiler – was ja an sich zu begrüßen wäre. Aber dadurch – und vielleicht auch durch einen verbreiteten leicht altbackenen Stil – gerieten die ehemals großen Pouilly-Fumé-Weine etwas in Vergessenheit.
Biodynamischer Wandel an der Loire
Als Jonathan Pabiot am Ende seiner Winzerausbildung mit den „neuartigen“ Ideen des biologischen Weinbaus im mentalen Gepäck ins Familienweingut zurückkehrte, war sein Herr Papa davon – gelinde gesagt – wenig begeistert. Das Klima an der östlichen Loire macht es den Weinbauern per se nicht gerade einfach. Pilzkrankheiten und Wetterextreme kennt man hier zur Genüge. Wozu also um alles in der Welt auch noch das zusätzliche Risiko eingehen, auf die Segnungen des modernen Pflanzenschutzes zu verzichten? So denken bis heute offenbar die meisten Winzer*innen der Region und die Zahl der Biobetriebe lässt sich – ganz anders als in anderen französischen Anbaugebieten – noch immer an einer Hand abzählen. Der junge Jonathan war jedoch zutiefst vom ökologischen Weinbau überzeugt. Widerwillig überließ ihm der Vater eine kleinere minderwertige Parzelle mit alten ertragsschwachen Rebstöcken, auf der er sich mit seinen Bio-Spinnereien austoben konnte. Nun machte der Junior seine Sache dort jedoch – aller Unkenrufe der Nachbar*innen und den wenig vorteilhaften Startbedingungen zum Trotz – so hervorragend, dass der Senior irgendwann alle Bedenken über Bord warf und die beiden den gesamten 20-Hektar-Betrieb mittlerweile sogar auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise nach demeter umgestellt haben. Und das mit Erfolg. Die Weine sind heute auch international gefragter denn je und die Pabiots haben sich in den letzten Jahren zu den qualitativen Vorreitern des Pouilly-Fumé aufgeschwungen.
Die Sache mit der Maschine
Umso erfreulicher nimmt es sich da aus, dass die Region mit Jonathan Pabiot endlich wieder ein Zugpferd vorzuweisen hat, das internationale Aufmerksamkeit generiert. Das könnte auch andere Winzer*innen motivieren, neue Wege zu gehen. Apropos Zugpferd: Aller biodynamischen Überzeugungen zum Trotz, nach denen man ja die Handarbeit im Weinberg hochhält und gerne auch den Traktor durchs Pferd ersetzt, erntet Pabiot ausschließlich maschinell. Was für die meisten Biodynamiker*innen ein absolutes Sakrileg darstellt, ist für ihn der Garant, die Trauben zum optimalen Zeitpunkt der Reife lesen zu können, wenn Säure und Zucker perfekt ausbalanciert sind. Mit der zeitaufwendigen Handlese, so seine Überzeugung, würde er zu viel Zeit verlieren. Darüber könnte man eventuell streiten, gäben ihm die außergewöhnliche Qualität, die Präzision und die markante Frische seiner Weine nicht nahezu bedingungslos recht.