Das Familienunternehmen Savigni ist eines der wenigen in Italien, die sich der Züchtung alter einheimischer Rassen verschrieben haben. Allen voran dem schon seit 1.000 Jahren in der Region um Siena beheimateten Cinta-Senese-Schwein. Paola, Fausto und ihren Söhnen Nicoló und Mileto geht es bei der Zucht der ursprungsgeschützten Tiere (DOP) nicht allein um Tradition und Bioqualität, ihnen ist auch an artgerechter Haltung gelegen. – Das wollten wir genauer wissen!
Im Oktober machten sich die vinocentral-Mitarbeiter*innen Franca und Alessandro auf, um sich die glücklichen Schweine genauer anzusehen:
Allein in Florenz
Der Besuch beginnt mit Hindernissen: Als Franca und Alessandro an einem Sonntag in Florenz am Flughafen ankommen, ist niemand da, um sie abzuholen. Dabei sind sie doch bei Familie Savigni angemeldet, oder etwa nicht? Was schief gegangen ist, lässt sich bis heute nicht genau feststellen.
Dem Smartphone sei Dank, finden die beiden schnell heraus, dass der toskanische Betrieb eine Filiale in der zentralen Florentiner Markthalle hat. Der dortige Mitarbeiter staunt nicht schlecht, als plötzlich zwei deutsche Kolleg*innen vor ihm stehen und nach Paola und Fausto Savigni fragen. Nach einigem Hin- und Her, bei dem die italienischen Sprachkenntnisse der beiden sich als überaus hilfreich erweisen, lässt sich ein Treffen für den nächsten Tag vereinbaren. Ein Hotel ist trotz Ferienzeit schnell gefunden. Statt Freigehege von Cinta-Senese-Schweinen und Chianina-Rindern, erkunden Franca und Alessandro also zunächst einmal die prächtige Renaissance-Stadt. Stolze 21 km werden dabei zu Fuß von ihnen zurückgelegt.
Eine Tagesreise durch das Weideland
Eine gute Übung. Denn das Gelände der Savignis soll sich tags darauf als wahrlich riesig erweisen (insgesamt 1.062 ha). Während die rund 1.000 Cinta-Senese-Schweine auf der toskanischen Seite des Reno-Tals im Unterholz nach Eicheln, Beeren, Kastanien und Trüffeln suchen, weiden die Rinder weit verstreut in den gegenüberliegenden Bergen der Emilia-Romagna. Obwohl es 100 an der Zahl sind, macht es Mühe, sie zu finden.
Anderthalb Stunden dauert es, um von einem Gebiet zum anderen zu gelangen. Doch der beschwerliche Weg mit dem Jeep über kurvige Serpentinen lohnt sich. Als der kleine Trupp die auf 1000 Metern Höhe liegenden Weideflächen erreicht, kommt plötzlich die Sonne heraus – und auch ein vereinzeltes Chianina-Rind lässt sich blicken.
Die Aufzucht der Cinta-Senese-Schweine
Bevor die Ferkel der Savignis im Alter von 90 Tagen in die Wiesen und Wälder des Apennins entlassen werden, leben sie bei ihren Müttern in besonderen Schweinehütten, die von Agrartechnikern der Universität Florenz entwickelt wurden. Anstelle die Muttersau, wie in der industriellen Massentierhaltung üblich, durch ein enges Korsett am Hinlegen zu hindern, schützt bei den Savignis der gewölbte Hüttenboden den Nachwuchs vor dem Erdrücken beim Niederlassen des Muttertiers.
Auch für die Versorgung mit Flüssigkeit hat sich die Familie etwas Besonderes einfallen lassen. Die Schweine erhalten ihr Wasser nicht aus Näpfen, sondern aus Spendern, die auf Berührung reagieren. Damit werden Verunreinigungen vermieden und die Gesundheit der Tiere geschützt. Das Futter für die Winterzeit hat die Familie selbst entwickelt. Es enthält Getreide, Baumrinde, Eicheln und Kastanien.
Durch die viele Bewegung und die natürliche Ernährung wachsen die Cinta-Senese-Schweine deutlich langsamer heran als andere Rassen. Das Fleisch ist dunkel, geschmacksintensiv und von einer feinen Fett-Marmorierung durchzogen, die einen hohen Anteil an gesunden, ungesättigten Fettsäuren (63 %) enthält.
Tutto fatto a mano
Während herkömmlichen Schweinen meist nur ein sechsmonatiges Leben beschert ist, dauert es bei den Cinta-Senese-Schweinen mindestens zwei Jahre, bis das Schlachtgewicht von 150 kg erreicht ist. Und auch dann geben die Savignis ihre Zöglinge nicht aus der Hand. Sie selbst verarbeiten das Fleisch in der eigenen Biometzgerei zu erstklassigen Schinken, Würsten und Steaks.
Also geht es weiter nach Pavana, um sich auch das genau anzusehen. Wider erwartend sind die Produktions- und Reiferäume der Macelleria relativ klein. Obwohl zahlreiche Geschäfte in Italien, Deutschland, Japan und Belgien beliefert werden, gibt es nur 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alles ist noch Handarbeit: Vom Binden, Würzen und Pökeln der Schinken und des Lardos, dem Füllen der Würste bis zum Schneiden und Marinieren der Steaks.
Obwohl die Savigni-Produkte allesamt schon seit geraumer Zeit im vinocentral vertreten sind, können sich Franca und Alessandro zu guter Letzt abermals von ihrer herausragenden Qualität überzeugen: Nicoló Savigni lädt sie in seinem Heimatort in eines der Restaurants ein, das auch von seiner Familie beliefert wird. „Es ist Montag, fast alles hat geschlossen, es gibt nur Burger“, entschuldigt er sich. Franca und Alessandro winken ab: „Was macht das schon, wenn das Fleisch vom Cinta-Senese-Schwein stammt!“ – Ende gut, alles gut, oder einfach Schwein gehabt?
Mille grazie, familia Savigni!
Fotos: Franca und Alessandro vom vinocentral-Team