„Es gibt hier kaum noch Winzer“, erzählt Martina Linxweiler vom Weingut Hahnmühle. „Für den lieblichen Dornfelder, der hier früher überwiegend angebaut wurde, ist die Arbeit in den Steilhängen viel zu aufwendig. Das rentiert sich nicht.“ Will man hier vom Weinanbau leben, muss man sich schon etwas einfallen lassen. Sie und ihr Mann haben das getan: Als sie 1986 das Weingut vom Schwiegervater übernahmen, stellten sie auf Bio-Anbau um. Damit gehören sie zu den Mitbegründern des ökologischen Weinbaus in Deutschland. Sie setzen auf Terroir, Handarbeit, starke Reduktion der Trauben – und kontrolliertes Nichtstun im Keller. Auch ihre Auswahl der Rebsorten ist besonders: So haben sie die 100-jährige Tradition des Gemischten Satzes im Alsenztal wieder aufgegriffen. Direkt gegenüber der Hahnmühle, am Cöllner Rosenberg, wachsen Riesling und Roter Traminer gemeinsam in einer Parzelle und werden zusammen geerntet und gekeltert. Sie bauen die Alsenztaler Urrebe, den Blauen Silvaner an – und natürlich Riesling. „Ich bräucht’ im Leben nichts anderes als Riesling“, schmunzelt Martina. Kein Wunder – durch den Zukauf von vielen aufgegebenen Weingärten in der Umgebung verfügen die Linxweilers über 35 bis 40 Jahre alte Rebstöcke, was ihre Rieslinge besonders charaktervoll macht.
Das Weingut ist überhaupt ganz besonders: Die Probierstube in der alten Mühle, die der Familie heute auch als hauseigene Wasserkraftanlage dient, liegt direkt über dem Mühlbach. „Schon viermal hatten wir in diesem Jahr Hochwasser“, berichtet die Winzerin. „Da ist es dann auf dem Hof wie auf einer Insel.“ Während unseres Besuchs erinnert die schattige kleine Terrasse unter dem Weinlaub indes eher an Italien. Der Eindruck verhärtet sich, als wir mit Martina Linxweiler in die Weinberge hinaus fahren. Sie liegen verstreut an den Südhängen in den Seitentälern der Alsenz. Dazwischen wachsen Esskastanien, Wiesen und Buschwerk, weiden Kühe und Ziegen. Auf den Kuppen drehen sich die Windräder. Die Grillen zirpen, es ist einsam. „Wir haben hier große Wildprobleme“, sagt Martina, „zum Schutz vor den Wildschweinen müssen wir unsere gesamten 15 Hektar einzäunen.“ Die Mischkultur hat aber auch Vorteile. „Es gibt kaum Traubenschädlinge, weil hier so viele Nützlinge leben, die sie fressen und sich die Natur damit selbst reguliert“, erklärt sie weiter.
Wir stehen auf dem Alsenzer Elkersberg, hoch oben über dem kleinen Ort Alsenz, der berühmt für seinen grauen Tonschiefer ist. Die Lage liefert die Trauben für die Parade-Rieslinge der Hahnmühle: den Alisencia und den Alisencia S.
„So heiß es hier jetzt auch ist, die Lage ist frostgefährdet“, berichtet Martina und blickt ins Tal. „Im April stehen wir regelmäßig nachts aufs und kontrollieren das Außenthermometer. Wenn es um 3 Uhr bei uns auf dem Hof 0° C hat, müssen wir raus. Dann zünden Peter und ich hier oben 320 10-Liter-Kerzen an, um die kalten Luftmassen in Bewegung zu versetzen. Das muss ganz schnell gehen. Beim letzten Mal haben wir in der Eile vergessen, der Feuerwehr Bescheid zu geben. Da standen wir hier oben und hörten einen Löschzug nach dem anderen ausrücken.“
Das nennen wir vollen unerschrockenen Einsatz! – Dies gilt auch für die Lese: Geerntet wird mit der ganzen Familie sowie 15 zusätzlichen Helferinnen und Helfern. Martina überwacht das Traubenmaterial. „Ich krieche dann auf allen Vieren durch die Weinberge und kontrolliere die Trauben. Was nicht gut ist, wird sofort rausgeschnitten. Wenn schon alles Handarbeit ist, muss man das nutzen. Qualität wird schließlich im Wingert gemacht.“
Um die ganze Terroirvielfalt des Alsenztales in ihren Weine einzufangen, war es der große Traum der Linxweilers auch dort einen Weinberg zu bewirtschaften, wo ihr „Hausfluss“ in die Nahe mündet. Kein leichtes Unterfangen, denn der Ebernburger Schlossberg in Bad Münster am Stein, direkt an der Mündung gilt als Renommee-Lage – und ist damit heiß begehrt. Doch Martina ließ nicht locker: 2014 gelang es ihr, dort eine Parzelle zu erwerben. 1.300 Flaschen hat die Familie 2015 daraus bereits gekeltert und in Edelstahl ausgebaut. Jetzt sollen Holzfässer in Auftrag gegeben werden, um ihren „Riesling Porphyr trocken Ebernburger Schlossberg“ zukünftig auch in Holz zu vinifizieren. Wir dürfen schon jetzt einen Schluck probieren. Die Begeisterung ist ansteckend. Wir nehmen uns vor, auf unserer Weiterfahrt auf jeden Fall auch der Ebernburg einen Besuch abzustatten …
Nach dem gemeinsamen Mittagessen machen wir uns auf den Weg flussabwärts Richtung Mittlere Nahe, wo wir auf Gut Hermannsberg erwartet werden. „Ach, als das noch Staatsdomäne war, hab ich dort oben gelernt …“, offenbart uns Martina zum Abschied ganz nebenbei. – Die Welt an der Nahe erscheint uns bereits jetzt sehr klein und – nahe …
Unsere Weinauswahl für den Weinabend „Meine Nahe!“ :
Riesling Alisencia QbA bio 2015 12,20 € Mitnahmepreis o,75l
Martina und Peter Linxweiler sind Pioniere des biologischen Weinbaus an der Nahe. Mitte der 1980er-Jahre hatte Biowein noch sein Reformhaus-Image. Das ist heute kein Thema mehr, wie dieser charaktervolle Bilderbuch-Riesling beweist: Zitrusnoten, gelbe Früchte und eine feine Würze prägen das Bukett. Am Gaumen sehr harmonisch mit milder Säure. Eine beachtliche Weinpersönlichkeit.
Riesling Alisencia S QbA bio 2015 15,00 € Mitnahmepreis o,75l
Die große Schwester der Alisencia hebt sich durch noch mehr Drive und Charakter ab: Zitruszesten und etwas Feuerstein im Bukett kündigen einen von gelben Fruchtaromen und einer extrem harmonischen Säure geprägten Riesling an, der sich mit dezent herben Grapefruitnoten am Gaumen verabschiedet. Letzterer hofft sofort auf ein Wiedersehen.
Riesling & Roter Traminer Cöllner Rosenberg QbA bio 2015 8,80 € Mitnahmepreis o,75l
Als wäre der Riesling nicht schon Diva genug, stellen ihm die Linxweilers eine weitere extrem exaltierte Rebenpersönlichkeit an die Seite – und zwar schon direkt im Weinberg als traditionellen gemischten Satz. Das Ergebnis kann sich schmecken lassen: Gelbe Früchte mit exotischen Nuancen, etwas Honigmelone und Kräuter. Frisch und klar fließen die zwei Diven in ihrem Pas de deux über den Gaumen. Feinwürzig, delikat, elegant – und wider Erwarten kein bisschen zickig.
Riesling Porphyr trocken Ebernburger Schlossberg bio QbA 2015 24,90 € Mitnahmepreis o,75l limitierte Abgabe
„Porphyr“ (ein Vulkangestein) klingt nach antiken Götterwesen und dionysischem Treiben – und genau so duftet dieser Wein: leicht wollüstige Blüten- und Pfirsicharomen, durchwoben von dezenten vulkanischen und steinigen Noten. Am Gaumen halten sich Frucht, Schmelz und salzige Mineralik die Waage. Eine angenehme Säure und leicht herbe Noten verleihen dem Wein Frische und Trinkfluss. Im Nachhall herrscht perfekte Harmonie.
Hier geht die Reise weiter zu:
Gut Hermannsberg, Niederhausen, Mittlere Nahe
Weingut Emrich-Schönleber, Monzingen, Mittlere Nahe
Weingut Joh. Bapt. Schäfer, Burg-Layen, Untere Nahe
Weingut Korrell, Bad Kreuznach-Bosenheim, Mittlere Nahe
Angebot gültig, solange der Vorrat reicht.
Text und Fotos: Janne Böckenhauer
Weinbeschreibungen: vinocentral-Team