Das vinocentral erhält Hessischen Landespreis 2020

„Wir freuen uns sehr über den Hessischen Landespreis, zum einen, weil es eine Anerkennung für das gesamte vinocentral-Team ist, zum anderen, weil es uns die Gelegenheit gibt, für die Schaffung inklusiver Arbeitsplätze zu werben. Denn wir wünschen uns, dass Inklusion irgendwann etwas ganz Selbstverständliches ist. Wir sagen deshalb möglichst nicht ‚inklusive Beschäftigung‘, sondern nennen es einfach Teamwork!“, so die vinocentral-Geschäftsführer und -Inhaber Alexander Marschall und Michael Bode-Böckenhauer. 

„Anfang Dezember war der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung und es gab diesbezüglich viele Medienberichte, unter anderem auch darüber, dass Menschen mit schwerer Behinderung deutlich häufiger und vor allem auch viel länger arbeitslos sind als andere. Deshalb sind sie von der Corona-Krise besonders betroffen. Bei uns im vinocentral hat die Corona-Pandemie dazu geführt, dass sich das Teamwork weiter intensiviert hat. Durch die Einschränkungen in der Gastronomie mussten die Tätigkeiten unserer Mitarbeiter mit Behinderung umstrukturiert werden. Die beiden jungen Männer arbeiten zurzeit überwiegend im externen Weinlager, wo der Online-Handel abgewickelt wird. Was aus der Not heraus entstanden ist, hat dazu geführt, dass sie neue Fertigkeiten erlernt und neue Aufgaben übernommen haben. Aufgaben, die wir ihnen vorher vielleicht gar nicht übertragen hätten. Und siehe da: Auch das funktioniert ganz wunderbar. Das ist eine weitere wichtige Erfahrung. Wir können allen Unternehmen nur empfehlen: Probieren Sie es aus!“

Das vinocentral am Darmstädter Hauptbahnhof wurde 1993 gegründet und ist heute Weinfachhandel sowie Kaffee- und Weinbar, Kaffeerösterei, Spezialitätengeschäft und Online-Handel in einem. Das Unternehmen fühlt sich der Nachhaltigkeit verpflichtet. Ein Drittel der Weine stammt aus biologischem Anbau, die Logistik innerhalb Darmstadts erfolgt per Lastenrad. Nachhaltigkeit hat dabei für das Team immer auch eine soziale Komponente. Seit vielen Jahren beschäftigen Bode-Böckenhauer und Marschall deshalb Menschen mit Behinderung.

„Angefangen haben wir damit im Darmstädter Kulturbetrieb Centralstation, den wir gegründet und lange Zeit geleitet haben. Von 2014 bis 2017 folgte das Café Rodenstein im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Der Kulturbereich ist in unseren Augen besonders geeignet, weil dort viele verschiedene Personen aufeinandertreffen. Doch nur rund ein Drittel der Gesellschaft hat bisher Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Das Zusammenkommen ist aber ein wichtiger Aspekt von Inklusion, denn nur dadurch können Vorurteile abgebaut werden. Schließlich haben wir damit begonnen, auch im vinocentral Menschen mit schweren Behinderungen zu beschäftigen“, so die beiden.

Bei der Umsetzung sind sie Schritt für Schritt vorgegangen. Zunächst erfolgte die Beschäftigung in Form von Schülerpraktika für die Dauer von zwei bis drei Wochen, dann über längere Zeiträume hinweg. Die Schüler*innen kamen von der Christoph-Graupner-Schule, einer Darmstädter Schule mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Darüber hat sich eine Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e.V. entwickelt, das die zweijährigen Berufspraktika der beiden vinocentral-Mitarbeiter betreute. Das Bildungswerk stand dem vinocentral auch beratend zur Seite, als es darum ging, die Beschäftigung mit Hilfe des „Budgets für Arbeit“ in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu überführen. Zwischendrin gab es für einen der beiden jungen Männer auch das Modell eines „betriebsintegrierten Beschäftigungsplatzes“ in Kooperation mit dem Eigenbetrieb Darmstädter Werkstätten. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Café Maloche“ des Projekts „Inklusives Martinsviertel“ mit unter anderem Vertreter*innen der Wissenschaftsstadt Darmstadt sowie verschiedener Bildungsträger war ebenfalls hilfreich bei der Umsetzung.

„Wir danken dem Sozialminister Kai Klose und dem hessischen Ministerium für Soziales und Integration, dass sie uns ausgewählt haben. Wir danken ebenfalls dem Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft und der Christoph-Graupner-Schule für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung. Weiterer Dank geht an alle, die sich für uns eingesetzt haben: u.a. die Darmstädter Sozialdezernentin Barbara Akdeniz und die Darmstädter Koordinatorin für Inklusionsprojekte Ute Laucks. Vor allem aber danken wir unseren Mitarbeitern Lukas und Musa und dem gesamten vinocentral-Team! Die Arbeit mit Euch macht großen Spaß!“, so Bode-Böckenhauer und Marschall. 

„Und so herausfordernd es gerade ist, jetzt in der Corona-Krise das vinocentral offen zu halten und auf alle Anforderungen immer wieder flexibel, schnell und verantwortlich zu regieren, der gute Zusammenhalt im Team und der Zuspruch unserer Kund*innen gibt uns die Kraft dazu!“

 

Titelbild: Pressefoto Preisträger vinocentral
unten: Urkunde des Hessischen Minieriums für Soziales und Integration
und Porträt vinocentral aus der Broschüre des Hessischen Minieriums für Soziales und Integration
Dokumentation 15 Jahre Hessischer Landespreis für die beispielhafte Beschäftigung und Integration schwerbehinderter Menschen, S. 50