Neuentdeckungen aus Österreich und Ungarn:
Blaufränkisch, Kékfrankos und die Sopron-Connection
Liebe vinocentral-Kundin, lieber vinocentral-Kunde,
ginge es nach vinocentral-Weinexpertin Yook, müssten wir alle viel mehr österreichische Weine trinken. Ohne Diskussion. Nicht dass es in Deutschland und auch anderen Ländern prinzipiell nicht ebenso gute Weine gäbe. Aber mit Österreichern hat Yook in letzter Zeit einfach die überraschendsten Erfahrungen gemacht, weil sowohl die großen und bekannten Namen sich ständig weiterentwickeln, als auch permanent spannende Neuentdeckungen am Weinhorizont jenseits der Alpen erscheinen. Verglichen mit vielen anderen Weinbauregionen sind die oftmals als konservativ verrufenen Ösis zurzeit deutlich näher am Puls der Zeit. Manchmal auch ein paar entscheidende Beats voraus.
Besonders auffallend ist dabei die breite Bewegung in Richtung Biodynamie und „Naturwein“. Das muss nicht per se zu besseren Weinen führen. Leider. Darauf kommen wir später noch zurück. Aber es scheint den Winzern, die ihr Handwerk ohnehin verstehen, ganz ungeahnte Möglichkeiten zu eröffnen. Und da hatte Yook in den vergangenen Monaten echte Erweckungserlebnisse. Vor allem mit einer Rebsorte, die in Deutschland unter dem Namen Lemberger zwar hin und wieder auf einen grünen Zweig kommt, aber noch Lichtjahre von dem entfernt ist, was man im Burgenland als Blaufränkisch kennt – oder jenseits der Grenze, in Ungarn, als Kékfrankos. Hier hat diese wunderbare Rebsorte auch ihre historischen Wurzeln.
Das besondere am Blaufränkisch ist seine enorme Frucht. Es gibt wohl keine andere Rebsorte, die so intensive rote Beerenaromen auf die Beine stellt. Dabei verfügen die Weine in den besten Fällen zusätzlich über ein solides Tanningerüst, mineralischen Druck und oft auch über eine erfrischende Säure. Für Yook genau das Richtige – aber auch für alle anderen, die beim Rotwein nicht zwingend zur Zigarre greifen. Grandiose und dabei filigrane Weine, perfekte Essensbegleiter und faszinierend vielschichtige Geschichtenerzähler. Was will man mehr?
Aus dieser Begeisterung heraus, hatte sich Yook ins Hausaufgabenheft notiert, den Allerbesten finden zu wollen. Eine vergleichsweise leichte Aufgabe, wie sich herausstellen sollte. Man trifft ganz einfach Winzerfamilie Weninger aus dem schönen Mittelburgenland. Vater Franz Ludwig hat sich mehr als 35 Jahre intensiv mit der Rebsorte beschäftigt und dafür schon jede Menge Preise abgeräumt. Heute hat vor allem Sohn Franz Reinhard das Ruder in der Hand – und macht dem Papa auf biodynamische Weise alle Ehre. Franz Reinhard traf Yook dann schließlich im vergangenen Jahr auf der Weinmesse ProWein in Düsseldorf und da hat er ihr so ordentlich was eingeschenkt, dass sie – obwohl nun gar nicht spirituell veranlagt – glaubte, Engel singen zu hören. Mit jedem neuen Tropfen ein anderer Choral. Immer schöner, höher, strahlender. Damals hörte sie auch zum ersten Mal von dem verheißungsvollen Ort Sopron, einer ungarischen Stadt direkt an der Grenze zu Österreich, die früher mal den schnöden Namen „Ödenburg“ trug. (Glück gehabt, möchte man sagen.) Hier bewirtschaften die Weningers seit einiger Zeit ebenfalls Blaufränkisch-Lagen, deren Weine es Yook ganz besonders angetan haben. Und es sollte nicht das letzte Mal sein, dass ihr Sopron begegnet.
Es vergingen einige Monate. An einem nasskalten Novemberwochenende im letzten Jahr gab sich dann in Berlin die internationale „Natural Wine Scene“ die Klinke in die Hand. Naturwein-Partys, Naturwein-Verkostungen und schließlich die „Raw Wine Fair“ in der trendigen Markthalle Neun in Kreuzberg mit – natürlich – Naturwein. Was das eigentlich ist? Eine gute Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt. Eine Definition gibt es nicht. Meistens werden die Trauben biologisch oder biodynamisch angebaut. Im Keller verzichtet man möglichst auf technische Eingriffe wie sie beim konventionellen Wein üblich sind. Viele Winzer greifen dafür bei der Vergärung und beim Ausbau auf sehr alte oder auch neue alternative Techniken zurück.
Yook kämpfte sich jedenfalls tapfer durch die rund 80 Verkostungsstände der „Raw“. „Kämpfen“ ist in diesem Fall der treffendste Ausdruck und das aus zweierlei Gründen: Zum einen waren da die berühmten Berliner Hipster, die irgendwie in der Kreativbranche tätig sind und deshalb vor allem mit dem Bestaunen der hippen Weinetiketten beschäftigt waren. Zum anderen waren da besagte „Natural Wines“, ein Sammelsurium echter Freak-Weine. Vieles drohte bereits an der Nase mit den fiesesten Duftnoten und scheute sich auch am Gaumen nicht, die Drohung wahr zu machen.
Doch als Yooks Gaumen und auch die Laune kurz davor waren, die Grätsche zu machen, kam sie unversehens an einen Stand mit Blaufränkisch respektive Kékfrankos. Aus Ungarn und auch aus Österreich. Noch so ein Grenzgänger wie Weninger. Der Name des ungarischen Winzers, Peter Wetzer, war ihr bislang noch kein Begriff. In Anbetracht der bisherigen Strapazen waren die Erwartungen nicht sehr hoch, doch schon beim ersten Schnuppern änderte sich das schlagartig. Da waren sie wieder, die Engelsstimmen – und am Gaumen ein Fruchtfeuerwerk aller erster Güte. Schließlich viel ihr Blick aufs Rücketikett: Sopron. Als hätte sie’s geahnt. Und da gab es nur eins: Dieser Stoff musste nach Darmstadt, ja, nach Deutschland überhaupt.
Und so feiern Peter Wetzers Kékfrankos und Blaufränkisch (von der österreichischen Seite) nun Deutschlandpremiere im Weinregal des vinocentrals, wo sie mit ihren netten Nachbarn vom Weingut Weninger ungeduldig darauf warten auch von Ihnen entdeckt zu werden. Ungarische und österreichische Engels-Chöre inklusive …
Ab sofort bei uns erhältlich:
Horitschoner Blaufränkisch bio 2014 rot 9,00 €
Weninger, Mittelburgenland/Österreich
Kühle, schwere Lehmböden geben dem Wein sein Rückgrat und seine mineralische Struktur. In der Nase und am Gaumen dunkelrote Früchte wie Weichseln und Brombeeren sowie Anklänge von Heidelbeeren. Der Wein ist im Alkohol angenehm leicht und dennoch profund und würzig. Ein unbeschwerter Blaufränkisch für jeden Tag und jede Gelegenheit.
Hochäcker Blaufränkisch bio 2013 rot 12,30 €
Weninger, Burgenland/Österreich
40 Jahre alte Rebstöcke, die tief in einen steinlosen, harten mit Eiseneinlagerungen durchsetzten Lehmboden wurzeln. Rote Früchte, Waldbeeren, Anklänge von Kirschen und Noten von Gewürzen und Tabak. Am Gaumen fein strukturiert. Vielschichtig und dicht – aber kein bisschen fett, sondern frisch und mit hinreißendem Trinkfluss.
Kékfrankos Soproni 2013 rot 12,50 €
Peter Wetzer, Sopron/Ungarn
In der fruchtig-frischen, leicht würzigen Nase kündigt sich bereits vage an, was dann im Mund passiert: Auf der beinahe drahtigen, von einer harmonischen Säure und seidig-kühlen Tanninen getragenen Struktur des Weins explodiert ein kleines Feuerwerk aus Himbeere, etwas Erdbeere und Schattenmorelle. Ganz ohne Schwülstigkeit und Süße. Glasklare Frucht und schöne Saftigkeit. Kurz: bestechend einfach – und einfach toll.
Leithaberg Blaufränkisch DAC 2013 rot 18,00 €
Rouschal & Wetzer, Burgenland/Österreich
Ein absolut faszinierender und einzigartiger Blaufränkisch! In der Nase zunächst beinahe verhaltene Anklänge von Himbeerjoghurt und etwas Paprika. Am Gaumen dann eine kernige, würzige Fruchtexplosion sondergleichen. Die ganze Bandbreite dunkelroter Früchte wirbelt in Super-HD über den Gaumen und füllt den Mund, ohne ihn zu überfüllen. Denn alles bleibt schlank und rank wie eine Ballerina. Die seidig-kühle und elegante Tanninstruktur sowie die feine, frische Mineralik blieben vermutlich noch länger im Mund, wenn da nicht schon der nächste Schluck käme. Man kann nicht anders.
Wir freuen uns auf Sie!
Auf dem Bild zu sehen: Martina Weninger, Franz Weninger, Franz Reinhard
Foto (c) Weninger